Tutuloses Ballett: 1925 fotografierte Koppitz Tänzerinnen der Staatsoper. Die "Movement Study" ist eine Ikone der klassischen Moderne.
Es ist nicht nur das bekannteste, sondern auch das teuerste Motiv aus dem Oeuvre von Rudolf Koppitz: 1925 fotografierte er die Aktstudie einer Tanzgruppe aus dem Umfeld der Wiener Staatsoper, die als Bewegungsstudie (Movement Study) zu einer der Ikonen der klassischen Fotografie avancierte. Der 1884 in Mährisch-Schlesien geborene und an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt ausgebildete Künstler gilt als wichtiger Vertreter des fotografischen Symbolismus, einer Verbindung zwischen dem Piktoralismus der Jahrhundertwende und der Neuen Sachlichkeit der 1930er-Jahre.
Die Bewegungsstudie wurde von Koppitz in den unterschiedlichsten Techniken (und Größen) ausgearbeitet: Es existieren sowohl Silber- und Karbonabzüge, Bromöldrucke oder auch Gravüren vom originalen Negativ. Aus der Sicht von Laien, denen das Motiv immer wieder begegnet, mag derlei für die Fachwelt Relevantes vermutlich in die Kategorie Spitzfindigkeiten fallen.
Aktuell erklärt es auch ein in Wien anstehendes Verkaufsduell des Eyecatchers: Johannes Faber, der Koppitz bis zum 26. Juni eine Ausstellung widmet, hält neben einer Fotogravüre (28.000 Euro) - von der weltweit insgesamt geschätzte 70 oder 80 Stück im Umlauf sein sollen - auch einen knapp 28 mal 21 cm großen Vintage Silver Print bereit, für den 145.000 Euro veranschlagt sind. Nahezu zeitgleich buhlt das gleiche Motiv auf dem Cover des Auktionskataloges von Westlicht um Aufmerksamkeit, eine weitere etwas kleinere Vintage-Silver-Print-Version, die für taxierte 40.000 bis 45.000 Euro den Besitzer wechseln soll.
Im internationalen Vergleich wird hier das nach wie vor stark nachgefragte Mittelfeld bespielt. 2009 hatte Fotokunst - mit einem weltweiten Anteil an Auktionsumsätzen von 10,07 Prozent - genauso eine unliebsame Preiskorrektur wie manch andere Sparte ereilt. Betroffen waren neben hochpreisigen Arbeiten der Klassischen Moderne vor allem zeitgenössische Fotografie, deren Wertindex sich im Laufe des Jahres laut "Artprice" sogar halbierte.
Noch 2008 belief sich das Wertvolumen der zehn höchsten weltweit erteilten Zuschläge für das Medium Fotografie - erzielt in der Sparte Zeitgenössischer Kunst einerseits und Klassischer Fotografie andererseits - auf 9,19 Millionen Euro. 2009 lag dieser Wert bei 2,96 Millionen Euro und damit bei einem Bruchteil von drei Prozent im Vergleich zum Jahr vor der Krise. Die gravierende Veränderung: 2008 stand an der Spitze ein Millionenzuschlag (Gilbert & George, To Her Majesty, Christie's London 2,08 Millionen Euro), während der höchste Wert 2009 bei rund 474.000 Euro für Andreas Gurskys Monaco (Sotheby's) lag.
Im Anschluss an die im April in New York abgehaltenen Auktionen vermeldete die Branche wieder eine Erholung an der Nachfragefront: Christie's setzte in drei Sitzungen 9,3 Millionen Dollar um, Sotheby's in einer 5,08 Millionen - den höchsten Zuschlag heimste mit Edward Westons Nautilus ein Klassiker ein. Statt der erwarteten 300.000 bis 500.000 Dollar konnte sich ein kalifornischer Sammler erst bei 1,08 Millionen Dollar für den Vintage Print von 1927 durchsetzen.
Aktuell gastiert eine Reihe von Klassikern gemeinsam mit junger zeitgenössischer Fotografie in der Wiener Westbahnstraße. Am 29. Mai gelangt dort bei Westlicht - im Anschluss an die Kamera-Auktion (siehe auch "Marktobjekt" ) - zum zweiten Mal Fotokunst unter den Hammer. Nach dem erfolgreichen Debüt am Tag des Krampus 2009 (Umsatz 350.000 Euro, Verkaufsquote 92 Prozent) sollen zumindest 70 Prozent des Angebotes neue Besitzer finden. (Olga Kronsteiner, ALBUM - DER STANDARD/Printausgabe, 22./23./24.05.2010)
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