Erregung im Joanneum
Eskalation. Neue Museumsstrukturen, alter Streit: Intendant Peter Pakesch gegen Kurator Peter Weibel.
MARTIN BEHR GRAZ (SN). Dunkle Schatten hängen über dem 200-Jahre-Jubiläum des steirischen Universalmuseums Joanneum. Nachdem die Intendanz des Museums die von der Landespolitik vorgegebenen Einsparungen für eine Neustrukturierung von Abteilungen und Leitungsebenen genutzt hat, eskaliert der seit Jahren schwelende Streit von Joanneum-Intendant Peter Pakesch und Peter Weibel, dem Chefkurator der Neuen Galerie. „Die Neue Galerie ist tot. Pakesch hat sein Ziel erreicht und eine international angesehene Institution zerstört“, sagte Peter Weibel im Telefonat mit den SN.Sparziel: 4,3 Mrd. Euro Die Vorgeschichte: Das Universalmuseum Joanneum muss in den Jahren 2011 und 2012 insgesamt 4,3 Millionen Euro einsparen. Die Kosten des Ausstellungsbetriebs werden um 200.000 Euro gekürzt, durch eine Reduktion bei den Öffnungszeiten gewinnt man 700.000 Euro. Bei strukturellen Maßnahmen sollen 3,4 Millionen Euro gespart werden.
Die „Verwaltungsreform“, so Joanneum-Direktor Wolfgang Muchitsch, sieht unter anderem vor, dass zwölf Dienstposten nicht nachbesetzt und die Abteilungsbudgets gekürzt werden. Kündigungen soll es keine geben. Dafür werde die Zahl der Abteilungen von 24 auf 13 reduziert, es würden „Kompetenzen zusammengelegt“.
Im Fall der zeitgenössischen Kunst bedeutet dies eine Zusammenlegung von Neuer Galerie, Kunsthaus und Skulpturenpark. Der neue Leiter heißt Peter Peer, der bislang in der Neuen Galerie gearbeitet hat. Die dortige langjährige Chefin, Christa Steinle, wurde entmachtet. Man habe sich zu einem „Generationswechsel“ noch vor der Neuaufstellung im Joanneumsviertel entschlossen, erläuterte Peter Pakesch in einer Pressekonferenz am Dienstag.
Für Peter Weibel ist diese Personalveränderung ein „Staatsstreich“, der die Ausstellungsvorbereitungen im Jubiläumsjahr destabilisiere: „Damit wird die Eröffnung der Neuen Galerie im neuen Joanneumsviertel torpediert.“ Die Konsequenz für Weibel? „Ohne Christa Steinle werde ich die drei Ausstellungen im Herbst – Hans Hollein, die ständige Sammlung und das ,Bruseum‘, eine ständige Werkschau von Günter Brus – nicht machen. Das heißt: Sie finden nicht statt.“ Der Vertrag des Chefkurators läuft bis 2012. „Ohne Einlenken und ohne Budget wird es keine Ausstellungen geben. Da laufe ich eben bis als weißer Elefant herum.“
Für die „Demontage“ Christa Steinles gebe es keinen Grund. „Mit einer administrativen Gewalt, die an den Ständestaat erinnert, werden kompetente, aber nicht willfährige Personen kaltgestellt. Der infame Deckmantel dafür heißt Sparen“, sagt Peter Weibel. Er kritisiert Joanneum-Intendant Peter Pakesch: „Wir sind offensichtlich in Kasachstan. Peter Noever ist abgeschafft, dafür ist Pakesch der letzte Autokrat, der kaltschnäuzig Leute, die Leistung erbracht haben, in die Wüste schickt.“ Zudem sei es bei der kürzlich erfolgten Verlängerung von Pakeschs Vertrag zu einem „Rechtsbruch“ gekommen: „Mir liegt ein Rechnungshofbericht vor, wonach der Posten hätte ausgeschrieben werden müssen. Das war nicht der Fall.“ In ÖVP-Kulturlandesrat Christian Buchmann, so Weibel weiter, habe Pakesch nun einen Mitstreiter im „langjährigen Vernichtungsfeldzug“ gegen die Neue Galerie gefunden. „Höchst bedauerlich“ Der derart Attackierte wies in einer ersten Reaktion die Vorwürfe zurück: „Das tut nichts zur Sache.“ Es sei höchst bedauerlich, dass Weibel in dieser schwierigen Situation die Auseinandersetzung auf eine so persönliche Ebene ziehe, erläuterte Peter Pakesch auf Anfrage der SN. Und: „Es ist sehr schade, dass ihm sichtlich nicht mehr an einer sachlichen Zusammenarbeit gelegen ist.“
Die Neue Galerie bleibe in Zukunft wie alle anderen Häuser als „Einzelmarke“ bestehen, versicherten Pakesch und Muchitsch. Irritationen seien nachvollziehbar, jedoch handle es sich bei den Strukturveränderungen um „zukunftsgewandte Lösungen“: „Matrixstrukturen sind besser als hierarchische Strukturen.“
Zu den weiteren Einsparungen: Die Eröffnung des Naturkundemuseums muss auf 2013 verschoben werden. Die Laufzeiten der Ausstellungen im Schloss Stainz, Schloss Trautenfels und im Grazer Museum im Palais werden auf zwei Jahre ausgedehnt.
Hart trifft es auch das Volkskundemuseum: Ab November sind keine Sonderausstellungen mehr vorgesehen, das Haus wird nur an Wochenenden geöffnet sein. Das Grazer Zeughaus bekommt einen Schließtag pro Woche, das Kunsthaus wird während der Ausstellungsumbauten geschlossen. Bei allen Vernissagen wird es künftig keine Bewirtung mehr geben.
Peter Pakesch resümiert: „Zwar haben wir eine tolle Infrastruktur, viele schöne neue Häuser, aber wir könnten sie nicht mehr entsprechend bespielen.“