Atmosphärisch aufgeladene Bilder konstruieren Ideen eines
unerforschten Sprachterrains: Thomas Feuersteins "Planet Paradies I"
(2009).
Fruchtfliegen-Porträts von schlauen Denkern oder Maschinen zur Produktion von Algen, nützliche Nahrungsquelle und Kohlendioxydtilger: Das Simulieren biologischer Systeme und biochemischer Prozesse ist ein wichtiges Element in den Arbeiten von Thomas Feuerstein. Auch in der Ausstellung Where deathless horses weep in der Galerie Thoman hat Feuerstein (geb. 1968 in Innsbruck) eine alchemistisch anmutende Apparatur aufgebaut.
Ein Minilabor aus allerlei gläsernen Kolben und Röhrchen, in denen eine unbestimmte Flüssigkeit zirkuliert: Der installative Kreislauf Some velvet mourning nimmt feuchte Atemluft auf, vermischt dieses Gasgemisch mit Wasserdampf, kondensiert und beschießt es mit elektrischen Funken, um das Ganze anschließend wieder zu verdampfen, mit Atem anzureichern ... und so weiter.
Bereits nach ein paar Tagen ist dieses Gebräu nicht nur gelblich-braun, sondern weist auch eine Handvoll Aminosäuren und organische Verbindungen auf. Der Aufbau zitiert das Miller-Experiment, in dem Stanley Miller, "Erfinder der künstlichen Ursuppe", 1953 experimentell nachwies, das in der Uratmosphäre organische Moleküle entstehen konnten. Aber Feuerstein koppelt daran irgendwie noch eine andere wissenschaftshistorische Evolutionshypothese: jene der Schwarzen Raucher, der hydrothermalen Tiefseequellen, die Biotop-Cocktails ins Meerwasser sprudelten.
Kurz: Letztlich wird das Ganze destilliert und in hübsch etikettierte und an edlen Whiskey gemahnende Flaschen gefüllt. Und mit dem Genuss des hochprozentigen Destillats beginnt sich der Kreislauf schließlich zu beschleunigen, denn Feuerstein hat der Anlage eine gute Prise Ironie beigefügt: Je mehr der Mensch trinkt, umso geschwätziger wird er und umso mehr "heiße Luft" wird auch - beispielsweise im Kunstdiskurs - produziert. Eine Kunst, die, in Flaschen abgefüllt, tatsächlich zum künstlerischen Objekt wird.
In dieser komplexen Apparatur (nur ein Element in Feuersteins konzeptueller Narration) geht es jedoch auch um das Herunterbrechen von Kommunikation auf molekulare Strukturen. Einmal losgelassen, formen diese neue, mitunter nicht mehr trennbare Hybride aus Information und Materie. Sprache wird zum dämonischen, sich materialisierenden Code.
Ein zwar atmosphärisch aufgeladenes, ästhetisches Gesamtbild, das auf inhaltlicher Ebene jedoch diffus bleibt und sich ohne weiterführende Erklärungen in seiner humorvollen Dimension verfängt. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD/Printausgabe 18.3.2010)
Info
Bis 6. 4., Galerie Thoman, Maria-Theresien-Straße 4, Innsbruck
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