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Kunstberichte

Kunst am Ende des Regenbogens

Die Wiener Kunsthalle zeigt in der Ausstellung "Summer of Love" die psychedelische Kunst der Sechziger Jahre
Illustration
- Bonnie MacLeans Plakat “Bill Graham Presents The Yardbirds, The Doors, James Cotton Blues Band, Richie Havens”, San Francisco 1967.  Foto: Kunsthalle Wien

Bonnie MacLeans Plakat “Bill Graham Presents The Yardbirds, The Doors, James Cotton Blues Band, Richie Havens”, San Francisco 1967. Foto: Kunsthalle Wien

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Nach der Tate Liverpool und der Schirn Kunsthalle Frankfurt liegt Wien sozusagen am Ende des Regenbogens einer Schau, die mindestens 500 Objekte aus den Sechzigerjahren ohne Überlastung integriert. Kurator Christoph Grunenberg erkannte das Underground-Phänomen zur Pop-Art und beschäftigt sich seit 1999 damit.

Das Design erweiterter Formen entstand durch Drogenerfahrung (vor allem Albert Hoffmanns LSD) und Technik (etwa die damals aktuelle Raumfahrt). Es war bis jetzt nur partiell Leitmotiv in Kunstausstellungen, denn die Angst an Tabus zu stoßen oder dem Kitsch und der Werbung zugezählt zu werden, ist groß.

Dabei weisen die nach der Stadtfluchtbewegung der Hippies in San Francisco benannten "Flower-Power"- Muster auch Verbindung zum Jugendstil, zur Op-Art und zu Mandalas aus Indien auf. Indien und die Popgruppen, allen voran die Beatles und Andy Warhols Band Velvet Underground, bilden ein Unterthema mit Plattencovers und Posters.

Damals kam es zu einer Vermischung der Ästhetik des Westens mit der des Ostens, Künstlerinnen wie Yayoi Kusama lebten in Japan und New York. Sie bepunktete selbst nackte Körper und Räume unter dem Motto "Make love not War". Die direkte Verquickung mit dem Leben, der Mode, und die Nähe zur Musikszene mit Licht- und Dia-Show bis zu Film hat Nachwirkung bis heute.

Sex und Woodstock

In Wien wurde dem englischen und amerikanischen Kern der Schau die teils ironische österreichische Variante angeschlossen. Dabei waren Markus Mittringer und Angela Stief das Kuratorenteam. Es ist zwangsläufig eine Parallele zwischen der Architektengruppe Archigram und Hans Hollein, Raimund Abraham, Haus-Rucker und Co. und Coop-Himmelb(l)au zu finden. Selbst die Anfänge der Wiener Schule des Phantastischen Realismus ergänzen einander wunderbar, samt Hundertwasser oder Arnulf Rainer, mit den Paradiesbildern Isaac Abrams als bekanntestem Maler dieser Bewegung.

Die neuen Wohnwelten eines Verner Panton, aufblasbare und tragbare Möbel von Walter Pichler und anderen vermitteln ebenso die Utopie dieser Zeit, in der man von nicht mehr und nicht weniger als von einer totalen Veränderung der Gesellschaft träumte.

Lichtshows der Gruppe USCO lassen die Wirkung psychedelischer Formen nachvollziehen. Die sexuelle Revolution, Demonstrationen gegen Kriege, die Kommunen und Massenevents wie in Woodstock prägten die Generation – heute sind sie in Fotos und Film gebannt. Theoretiker, allen voran Timothy Leary, geben aber auch eine Vorstellung vom intellektuellen Anspruch, denn Esoterik spielte eine weit geringere Rolle als angenommen.

Kunsthalle Wien

bis 17. September

Kurator: Christoph Grunenberg

http://www.kunsthallewien.at/

Sinneslust betonend.

Mittwoch, 10. Mai 2006


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