Nach der Tate Liverpool und der Schirn Kunsthalle
Frankfurt liegt Wien sozusagen am Ende des Regenbogens einer Schau, die
mindestens 500 Objekte aus den Sechzigerjahren ohne Überlastung
integriert. Kurator Christoph Grunenberg erkannte das Underground-Phänomen
zur Pop-Art und beschäftigt sich seit 1999 damit.
Das Design erweiterter Formen entstand durch Drogenerfahrung (vor allem
Albert Hoffmanns LSD) und Technik (etwa die damals aktuelle Raumfahrt). Es
war bis jetzt nur partiell Leitmotiv in Kunstausstellungen, denn die Angst
an Tabus zu stoßen oder dem Kitsch und der Werbung zugezählt zu werden,
ist groß.
Dabei weisen die nach der Stadtfluchtbewegung der Hippies in San
Francisco benannten "Flower-Power"- Muster auch Verbindung zum Jugendstil,
zur Op-Art und zu Mandalas aus Indien auf. Indien und die Popgruppen,
allen voran die Beatles und Andy Warhols Band Velvet Underground, bilden
ein Unterthema mit Plattencovers und Posters.
Damals kam es zu einer Vermischung der Ästhetik des Westens mit der des
Ostens, Künstlerinnen wie Yayoi Kusama lebten in Japan und New York. Sie
bepunktete selbst nackte Körper und Räume unter dem Motto "Make love not
War". Die direkte Verquickung mit dem Leben, der Mode, und die Nähe zur
Musikszene mit Licht- und Dia-Show bis zu Film hat Nachwirkung bis heute.
Sex und Woodstock
In Wien wurde dem englischen und amerikanischen Kern der Schau die
teils ironische österreichische Variante angeschlossen. Dabei waren Markus
Mittringer und Angela Stief das Kuratorenteam. Es ist zwangsläufig eine
Parallele zwischen der Architektengruppe Archigram und Hans Hollein,
Raimund Abraham, Haus-Rucker und Co. und Coop-Himmelb(l)au zu finden.
Selbst die Anfänge der Wiener Schule des Phantastischen Realismus ergänzen
einander wunderbar, samt Hundertwasser oder Arnulf Rainer, mit den
Paradiesbildern Isaac Abrams als bekanntestem Maler dieser Bewegung.
Die neuen Wohnwelten eines Verner Panton, aufblasbare und tragbare
Möbel von Walter Pichler und anderen vermitteln ebenso die Utopie dieser
Zeit, in der man von nicht mehr und nicht weniger als von einer totalen
Veränderung der Gesellschaft träumte.
Lichtshows der Gruppe USCO lassen die Wirkung psychedelischer Formen
nachvollziehen. Die sexuelle Revolution, Demonstrationen gegen Kriege, die
Kommunen und Massenevents wie in Woodstock prägten die Generation – heute
sind sie in Fotos und Film gebannt. Theoretiker, allen voran Timothy
Leary, geben aber auch eine Vorstellung vom intellektuellen Anspruch, denn
Esoterik spielte eine weit geringere Rolle als angenommen.
Kunsthalle Wien
bis 17. September
Kurator: Christoph Grunenberg
http://www.kunsthallewien.at/
Sinneslust betonend.
Mittwoch, 10. Mai
2006