http://www.nachrichten.at/nachrichten/ooen.asp?id=220903
KONZERTE: Viel Publikum im OMV-Klangpark
an der Donau und bei Mobiltelefon-Komposition
Zweihundert Handys in musikalischer
Legebatterie
Dicht an dicht hocken sie auf ihren Plätzen. "Dü
düdü düdü düdü dü düüü" - "brrrrrr" - "zklong, zklong" - "Brrzzzl,
brrzzzl", pressen sie ihre Klangeier aus den blinkenden Bürzeln:
"didldidldudldi" - "Trääträät" - "gschrr". Dazu sind sie schließlich
auch da, die Handys, die hier in einer quasi musikalischen
Legebatterie eifrig produzieren. Von artgerechter Handy-Haltung
spricht da keiner. Schließlich ist dieses Handy auch nicht aus der
Gattung derer von Federvieh, sondern derer von Mobiltelefon und
somit Bestandteil von "dialtones", einer Komposition, die der
Amerikaner Golan Levin am Sonntag-Spätabend im Großen Saal des
Linzer Brucknerhauses realisiert. Eine halbstündige Komposition,
in denen die Klingeltöne von 200 Besuchern registriert und
elektronisch abrufbar gemacht werden. Aneinander gekoppelt,
verfremdet und durch eine spezielle Lichtchoreografie auch optisch
mitvollziehbar, entwickeln sich höchst absurde musikalische Kuriosa.
Zitate von Bach über Zufall bis Mozart, die heutzutage häufig
den Klangfluss von Konzerten und Opern-Aufführungen stören, werden
bewusst verwendet. Dass das Klangspektrum nach einer Viertelstunde
ausgelutscht ist und die Lauscher in akute Ermüdungsgefahr kippen,
versteht sich bei der Wahl dieser Instrumente von selbst. Golan
Levin war denn auch so klug, sein mehrsätziges Klingelwerk nicht
über eine halbe Stunde auszudehnen. Am spannendsten ist die
Handy-Melange jedenfalls dort, wo das Ineinander der Sounds so dicht
wird, dass sich die Melodien nicht mehr erkennbar sind, sondern sich
zu einem schwebenden, vibrierenden Geflecht verschlingen.
Unterstützt vom Know-how des AEC Future Lab (Joris Gruber, Jörg
Lehner, Erich Semlak) spielen neben Kompositeur Levin noch Scott
Gibbons, Greg Shakar und Yasmin Sohrawardy an den "Solo-Handys".
Als Satire ist die Aktion durchaus gelungen, doch über den
strukturellen Aufbau der Komposition sollte man sich keine allzu
ernsthaften Gedanken machen.
Chill Out im Donaupark
Für all jene, an denen diverse Zeitgeister immer unbemerkt
vorbeischweben: "Chill Out" ist für alle "Kids" und solche, die sich
gern lebenslang dazu zählen täten, der aktuelle Ausdruck für
"Entspannung". Und die gab es ebenfalls am Sonntag. Beim
OMV-Klangpark, der noch immer als eine der besten Ideen der letzten
Ars-Zeit gilt. Diesmal servierte der finnische Schlagzeuger
Vladislav Delay "Musik für einen Fluss und für Passanten". Wobei
sich Letztere auf und neben den ob der Herbstkühle
benutzerfreundlichen großen Matten im Geviert des
Klangwolken-Equipments lagerten und sich einfach dem Genuss
hingaben. Dem Genuss eines dramatischen Naturschauspiels in Form
von Abendrot, -rosa, -grüngelb, -blau samt Strato- und Cumulusgewölk
zum einen. Dem Genuss von rhythmisch perfekt geschichteten Klängen,
die manchmal an sachtes Herumkramen in Dachböden, an Besuche in
Trafostationen, und mitunter an heftiges Hummelgebrumm erinnerten.
Wenig Steigerungen, Chill Out eben. Vladislav Delay präsentiert
übrigens bis 6. 9. (11-19 Uhr) im Donaupark sein Projekt "Real Space
Streaming".
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