Rastlosigkeit als Prinzip

Über das kurze aber exzessive Leben des Dramatikers, Schauspielers, Regisseurs und Revolutionärs Antonin Artaud.


1896 ist Antonin Artaud als erstes von drei Kindern in Marseille geboren. Seine Mutter ist griechischer Abstammung und kommt aus Smyrna, dem heutigen Izmir. Sein Vater stammt aus einer traditionsreichen Schiffsbauer-Familie aus der Provence. Schon sehr jung muss er den Tod seiner Geschwister erleben. Er selbst erkrankt als Fünfjähriger an Meningitis. In dieser Zeit nimmt er stark sedierende Drogen, an die er sich rasch gewöhnte.

Während des Ersten Weltkriegs muss Artaud wegen starker Neuralgien und psychischen Probleme die Schule abbrechen und das Militär verlassen, zu dem er 1916 einberufen worden war.

Erste Aufenthalte in Kliniken

Es folgen Aufenthalte in verschiedensten Erholungsheimen unter anderem in Chanet bei Neuchatel. 1920 findet Artaud den Weg nach Paris und wird Redaktionssekretär der Zeitschrift "Demain".

Erste Theaterauftritte

Zwei Jahre später wird Artaud Mitglied der Theatergruppe "Théatre de l'Atelier" das von Charles Dullin geleitet wird. Er nimmt bei ihm Unterricht und tritt in den folgenden Jahren in ungefähr zwanzig Stücken als Schauspieler auf. Ein Jahr später entdeckt er den Film als sein Medium. Bis 1925 ist er in zwanzig Filmen zu sehen. 1923 erscheint unter dem Titel "Tric trac du ciel" eine Sammlung von acht Gedichten. Weiters erscheint die kleine Zeitschrift "Bilboquet" in der er ausschließlich eigene Texte druckt.

Begegnung mit den Surrealisten

1924 ist ein entscheidendes Jahr. Er lernt die Surrealisten um André Breton kennen und schließt sich ihnen an. Ein Jahr später wir er Leiter der "Centrale surréaliste" und Mitarbeiter mehrerer surrealistischer Zeitschriften. 1926 entscheidet sich Artaud dazu, ein eigenes Theater zu betreiben. Mithilfe von Dullin und dem Geldgeber Robert Aron gründet er das Théatre Alfred Jarry. Aber er hat keinen Erfolg. Dagegen protestiert er publizistisch. Unter anderem mit dem Manifest "Das Theater Jarry und die feindselige Haltung der Öffentlichkeit" (1930). Das Theater existiert bis 1929 und bringt acht Inszenierung heraus. In diese Zeit fällt auch der Bruch mit den Surrealisten.

Seine Theaterideen

Für Artaud liegt der Sinn des Theaters vor allem in der Erneuerung des Lebens und nicht der Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse. Er will kein politisches Theater schaffen sondern ein metaphysisches. 1932 veröffentlicht er erstmals ein Manifest zu seinem oft missverstandenen "Theater der Grausamkeit". Sein gleichnamiges Theater brachte nur eine Inszenierung heraus, dann musste es wegen wütender Proteste des Publikums 1935 schließen. In den dreißiger Jahren beeinflusste ihn vornehmlich das balinesische Theater. 1938 erscheint ein Sammelband zu seine Vorstellungen vom Theater unter dem Titel: "Le Theatre et son Double".

Reisen

1936 reiste er nach Mexico zu den Tarahumaaras. Auf dem Weg dorthin hält er Vorträge in Mexico City. Bei den Indios lernt er die Droge Peytol kennen. In einem Brief aus dieser Zeit taucht die Idee eines Theaters des Absurden auf. Im November desselben Jahres ist er wieder in Paris. Doch es hält ihn nicht lange da. Erneut begibt er sich auf Reisen. Diesmal ist sein Reiseziel Irland.

Erneute Internierung

Am 30. September 1937 wird er in einer Zwangsjacke in das Zentralkrankenhaus Le Havre eingeliefert nachdem er auf der Überfahrt aus Irland zwei Crewmitglieder tätlich angegriffen hat, die aus ungeklärten Umständen in seine Kabine eingedrungen sind. Mit diesem Ereignis beginnt für Artaud eine Internierungszeit von neun Jahren in verschiedensten Kliniken. Es wird Schizophrenie attestiert.

Antonin Artaud sitzend in einem Klinikzimmer.
Antonin Artaud sitzend in einem Klinikzimmer.

Verhinderter Radioauftritt und Tod

Immer wieder schreibt er Texte. Freunde veranstalten Sammlungen und Benefizveranstaltungen um Artaud die materielle Basis für seine Entlassung zu sichern. 1947 wird er entlassen. Er bereitet eine Radiosendung unter dem Titel "Um mit dem Urteil Gottes Schluss zu machen". Als der Sendeverantwortliche das Band hört, beschließt er diese große Abrechnung Artauds mit der Psychiatrie und dem Theater nicht zu senden. Am 4. März 1948 stirbt er in der Klinik von Ivry. Ein Gärtner findet ihn, am Fußende seines Bettes sitzend, tot auf.

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