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vom 18.11.2005 - Seite 004
Facetten: Frauen geben den Ton an

Ein Exponent der Linzer Kulturdirektion registriert: Er kann in diesem Jahr ein kleines Jubiläum feiern.

Dr. Peter Leisch, Verantwortlicher für Belange der Literatur. 1995 war er erstmals in die Jury des literarischen Jahrbuchs der Stadt, die "Facetten", berufen worden. 1996 wurde er zum Nachfolger von Peter Kraft bestellt, der viele Jahre lang mit Umsicht und großem Sachverstand die "Facetten" betreut hatte. Also: 2005 hat er die ersten zehn Jahre der Verantwortung für das älteste kontinuierlich und nur kurz aus Kriegsgründen im Erscheinen unterbrochene literarische Periodikum Österreichs abgeschlossen (der erste Band war im Jahr 1941 erschienen, damals und bis 1970 als "Stillere Heimat).

Das Jahrbuch entspricht wohl dem Grundanliegen, die literarische Potenz, die mit Linz in Verbindung zu bringen ist, darzustellen - ohne Eingrenzung auf Sparten (siehe dazu auch die Ausschreibungsbedingungen für 2006 links auf dieser Seite). Aber es hat sich doch im Profil des Erscheinungsbildes einiges gewandelt.

Literatur und bildende Kunst

Es wird jeweils eine Persönlichkeit aus dem Bereich der bildenden Kunst ausgewählt, die nicht nur mit einer Werk-Auswahl vertreten ist, sondern den Band gesamt gestaltet: vom Umschlag bis zur Schrift - mit Betreuung durch den Layouter Gottfried Hattinger. Dieses Jahr war/ist das die österreichisch-irakische Künstlerin Amel Andeßner, die sich speziell in den Bereichen Fotografie, Video- und Medienkunst positioniert. Die gebürtige Leobenerin studiert experimentelle Visuelle Gestaltung an der Kunstuniversität Linz und ist auch schon mit mehreren Ausstellungen und Performances in Erscheinung getreten. Ihr "Facetten"-Beitrag ist eine fotografische Inszenierung. "Dreh dich nicht um, es dreht sich um dich", eine symbolistisch-ästhetische Video-Serie (siehe Bild-Beispiel).

Auffallend ist die starke Präsenz von Frauen im abgeschlossenen Zehn-Jahres-Paket. Und diese Präsenz wird vermutlich auch im nächsten Jahr gegeben sein. Überlegt wird eine Zusammenarbeit mit der gebürtigen Grazerin Claudia Czimek, ebenfalls Absolventin der Kunst-Uni in Linz. Grundanliegen generell: Junge Künstler und Künstlerinnen ins publizistische Licht zu rücken. Weitere Perspektive: 2007 könnte Karl Heinz Klopf die Bild-Verantwortung für die "Facetten" übernehmen, dem in jenem Jahr auch eine Ausstellung in der Landesgalerie gewidmet sein wird.

Inhaltlich: Literarische Nachlässe sind Leisch ein Anliegen, er will die Schrift-Vermächtnisse nicht im Archiv-Dämmerdunkel verbleiben lassen. So sind heuer Franz Kain und Christian Loidl vertreten, für einen späteren Band ist Heimrad Bäcker geplant.

Die "Facetten", wahrlich ein facettenreicher Spiegel der literarischen Stadt-Landschaft. Im äußeren Erscheinungsbild in vornehmem Dunkelgrau mit Umschlag-Prägung eine Annäherung an die Einbandkunst-Ästhetik der Wende vom 19. Zum 20. Jh. Doch in dieser feinen Ummantelung: Die Schreib-Kunst des 21. Jh. Von der traditionellen Erzähl-Stilistik bis zur Lust am Experiment mit dem Material Sprache/Wort.

Eine inhaltlich gewichtige Literaturförderung durch die Stadt Linz. Aber die findet auch noch auf andere Weise statt, siehe unten auf dieser Seite.

Wie ein aufgehender Theatervorhang enthüllt das fallende Kleid eine Irritation und leitet ein rätselhaftes Drama ein. Auf dem nackten Rücken erscheint ein Mal. Tattoo oder Schatten? Es weist die Umrisse einer naiven Wildschwein-Darstellung auf und hat gleichzeitig etwas von einer Schablone zum Hindurchsprayen, einem Scherenschnitt, einer balinesischen Kasperlfigur, einem Aufklebebild für Fenster und einer KinderbuchIllustration im Stil des "Struwwelpeter" ¼

Der Rücken ist die Fläche des eigenen Körpers, die der Mensch nicht direkt sehen kann ¼ Man verfügt nicht über den eigenen Rücken ¼

Mara Matuschka zum Video-Zyklus Andeßners

=Seit 1995 wurden bis auf zwei Ausnahmen ausschließlich Frauen mit der bildnerischen Gestaltung der Facetten betraut. Als Hinweis auf das beachtliche Potential der jungen Linzer Künstlerszene, von Gestalterinnen aus unterschiedlichsten bildnerischen Bereichen, die fast durchwegs am Beginn ihrer kreativen Laufbahn stehen, zum Anderen auch der Versuch, in einem lange Zeit männlich dominierten Feld bewusst einen Kontrapunkt zu setzen. }

Budget 2005

Linzer Literatur-Budget 2005: Insgesamt 70.400 Euro. Aufgeschlüsselt: "Facetten" und "Edition Linz" 33.000, "Herbstlese" und Verlagsförderung 15.000, literarische Vereinigungen 12.500, Einzelförderungen (Zuschüsse, Stipendien - jährlich gibt es bis zu 20 Ansuchen darum) 9900 Euro.

Vielfalt ist erbeten

Auch für 2006 lädt Linz Kultur Autorinnen und Autoren aus Oberösterreich ein, sich mit bisher unveröffentlichten Beiträgen am Literarischen Jahrbuch der Stadt Linz - "Facetten" - zu beteiligen.

Bedingungen:

Die Beteiligten müssen aus Oberösterreich stammen oder seit mindestens zwei Jahren hier leben.

Gesucht werden Manuskripte aus den Bereichen erzählerische und experimentelle Prosa, Lyrik und Dramatik, Texte für Funk, Film und Fernsehen, die noch keine printmediale Verbreitung gefunden haben. Die Länge der einzelnen Einsendungen darf zehn Manuskriptseiten zu je 30 Zeilen und maximal 70 Anschlägen pro Zeile nicht überschreiten.

Die Beiträge sind anonymisiert einzusenden. D. h., das Manuskript sollte nicht namentlich gekennzeichnet sein. Darüber hinaus sollte jede Einreichung folgende Informationen in einem gesonderten, verschlossenen Umschlag enthalten:

Kurzbiografie und ggf. Bibliografie des Autors / der Autorin mit allen Adress-Koordinaten (Tel.-Nr., E-mail)

Drei Titel und/oder Zeilenanfänge der eingereichten Texte.

Eine Diskette mit dem vollständigen Text und einer Kurzbiografie bzw. Publikationsliste.

Manuskripte, die diesen Bedingungen nicht entsprechen, müssen leider ungeprüft retourniert werden.

Die Einsendungen sind unter dem Stichwort "2006 Facetten" an Linz Kultur, Neues Rathaus, Hauptstraße 1-5, 4041 Linz, zu richten. Die Manuskripte werden von einer Fachjury geprüft. Über die Ergebnisse der Jurysitzung wird schriftlich verständigt.

Einsendeschluss: 31. Dezember 05.

Kontakt: Dr. Peter Leisch, Linz Kultur, Tel. (0732) 7070/2945, Fax /2955, E-mail: peter.leisch@mag.linz.at


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