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Kunstberichte

Weit abseits des Hauptflusses

MAK: "Held together with water" – eine Ausstellung mit Kunst aus der Sammlung Verbund
Illustration
- Ein Schachspiel für Rössel-Fans entwickelte Gabriel Orozco: Horses Running Endlessly (1995).  Foto: Gabriel Orozco/Wolfgang Woessner

Ein Schachspiel für Rössel-Fans entwickelte Gabriel Orozco: Horses Running Endlessly (1995). Foto: Gabriel Orozco/Wolfgang Woessner

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Wieder ein österreichisches Unternehmen, das seit 2004 zu einer alten eine neue Kunstsammlung mit Hilfe eines Berater-Gremiums aufgebaut hat. Was sonst im Bürogebäude am Hof in einer vertikalen Galerie über alle Stockwerke verteilt ist, ist nun in der MAK Ausstellungshalle konzentriert. Versteht sich, dass der Verbund einer der Sponsoren des Hauses ist und die Inhalte mit der "Politik des Ästhetischen" daselbst Analogien finden.

Kuratorin Gabriele Schor hat mit Sean Rainbird (Staatsgalerie Stuttgart) und Philipp Kaiser (Kurator in Basel und Los Angeles) zwei Schwerpunkte gesetzt, die sich von anderen Sammlungen durch die Maxime "Tiefe statt Breite" unterscheiden sollen.

Der erste tut dies durchaus: Unter dem Titel "Performanz" werden frühe feministische Positionen der Siebzigerjahre versammelt. Einige Werkgruppen von Cindy Sherman von 1975/76, besonders die Film-Stills, sind zweifellos Ikonen der Fotografie; dass Birgit Jürgenssen mit ihren fotografischen Selbst-Inszenierungen von 1975–79 endlich gleichwertig mit Valie Export, Eleanor Antin, Hannah Wilke oder Francesca Woodman gegenüber gestellt ist, ist ein kunsthistorisches Desiderat.

Daran schließen gut einige frühe Werke von Urs Lüthi oder Gilbert & George oder ein ironisches Video von Kate Gilmore an – diese mutig angelegte Körperthematik könnte unschwer eine Fortsetzung bei den "Damen", Rita Furrer oder bei jüngeren Künstlerinnen wie Carola Dertnig oder Uli Lienbacher in Österreich und international bei den ironischen Gender-Fragen eines Jürgen Klauke in den Siebzigern finden.

Frage nach Identität

Stattdessen wird ein zweiter Schwerpunkt gesetzt, um auf "Nummer Sicher" und doch in eine größere Breite zu gehen: "Räume/Orte". Im MAK nehmen sie die Mitte und den rechten Teil der Ausstellungshalle ein. Natürlich gibt es Verbindungslinien zwischen beiden, in den neuen Medien, in Repräsentationsfragen und Institutionskritik etwa.

Der Leitspruch von Lawrence Weiner von 1993, "Held together with water", ist der geistige Faden zum Unternehmen. Wie allerdings Gordon Matta Clark und Fred Sandbacks Raumfäden zur Identität und den Dialogen oder zum "Abseits des Mainstreams" passen, ist die Frage, denn sie sind in jedem modernen Museum ein Muss. Desgleichen Jeff Walls berühmte Leuchtkästen, die zur jungen Fotografin Loan Nguyen korrespondieren. Sie und Markus Schinwald lassen sich auch zur ersten Gruppe in Beziehung setzen.

Bei Bernd und Hilla Becher oder Ernesto Neto wird es allerdings schwer mit den Berührungslinien. Der Mut kapituliert da doch allzu oft vor großen Namen, vielleicht nicht vor denen des gängigen Kunstmarktes, wohl aber vor den stillen Vorgaben erhabener Vertreter der zeitgenössischen Kunstszene. Deren sich doch meist ähnelnde Kunstauffassung schwebt bei diesem Teil der Schau über den Wassern.

Held together with water

Kunst aus der Sammlung Verbund

Kuratoren: Gabriele Schor, Andreas Krištof

MAK

Zu sehen bis 16. September

Mutig bis wässerig.

Montag, 07. Mai 2007


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