Titel und Plakate der Ausstellungen "Superstars -
von Warhol bis Madonna" provozieren erst einmal eine Ablehnung. Der
mittelalterliche Drohbegriff vom "Jahrmarkt der Eitelkeiten" stößt da
schnell auf. Oder eben der Möchtegern-Zustand der meisten Zeitgenossen
einer Spaßgesellschaft.
Diese Aufarbeitung des Themas von Thomas Miessgang und Florian
Steininger könnte freilich auch "Superstar-Antistar" heißen. Historisch
gesehen ist sie eine Hommage an Andy Warhol, in der Theorie den Kultbücher
des deutschen Soziologen Klaus Theweleit folgend. Er hat vor Jahrzehnten
mit dem mehrbändigen "Buch der Könige" die Problemkreise, die auch hier
angesprochen sind, vorgegeben. Schade, dass er nicht im gemeinsamen
Katalog der beiden Häuser mitschreibt, an dem Elisabeth Bronfen oder Georg
Franck mitgearbeitet haben.
Klar vom Konzept ist in der Kunsthalle stärker die Gegenwartskunst
herangezogen, und im Kunstforum finden sich auch Klassiker wie Malewitsch,
Picasso, Duchamp. Aber es gibt viele Überschneidungen, da der Begriff
"Superstar" 1964 in einer Zeitung der Beatgeneration erstmals auftaucht.
Das Musical "Jesus Christ Superstar" begann seinen Siegeszug erst 1970.
Doch die vergangenen Jahrzehnte machten auch berühmte Maler und Bilder
der Renaissance zu Superstars – Michelangelo, Leonardo und vor allem
dessen Porträt der "Mona Lisa".
Abgesang an die Helden in Kunst und Kommerz
Ein wenig zu kurz kommen die Führergestalten, die in vielen
Jugendzimmern um 1970 als Plakate neben Elvis oder der Monroe hingen: Mao
oder Ché, die als Kultbilder der politischen Ersatzreligion des
Kommunismus vorübergehend salonfähig wurden. Das berühmte Foto von Ché
taucht zwar neben John F. Kennedy auch in aktueller Kunst nach wie vor
auf, der Inhalt ist jedoch gebrochen.
Füllen die Superstars wirklich die heutigen Autoritätslücken für die
Jugendlichen? Oder ist es doch nur ein schöner Abgesang an die Helden in
Kunst und Kommerz?
Andy Warhol ist Prophet und personifizierte Thematik: er sah selbst
voraus, dass die Logos von Coca-Cola und Campbell Soup zu Stars erklärt
werden können. Sein Porträt von Joseph Beuys mit Silberstaub, eine seiner
"Jackies" und die vervielfachte Mona Lisa ("Thirty are better than one")
hängen im Kunstforum neben dem berühmt-berüchtigten Künstlerkot, den Piero
Manzoni in Dosen füllte.
Eine besonders kritische Rolle nimmt neben vielen anderen Fotografen
der in Wien lebende Münchner Matthias Herrmann ein, der Aktionismus,
Body-Art und Gay Art ironisiert und kritisiert. Er nennt es auch eine
Abwehrreaktion mit Hilfe der Peinlichkeit, sich anhaltend als
Geschlechtsprotz zu zeigen. Und in der Tat sind Erotik und Sexualität
wichtige Faktoren des Starruhms, auch wenn er nur 15 Minuten dauert, wie
Warhol bereits voraussagte.
Marilyn Monroe, stilisiert zum Rätsel der Weiblichkeit
Viele wirklich berühmte und interessante Werke von Cindy Sherman, Nam
June Paik, Claes Oldenburg, Jeff Koons, Sam Taylor Wood und zahlreichen
anderen sind um diese Themenkreise geordnet.
Am Schluss bleibt die Monroe, frühverstorben, rätselhaft, erst später
hochstilisiert zum lockend Weiblichen, das schon Goethes Faust
abschließend hinanzog. Oder vielleicht noch besser die hier nicht erwähnte
Schöpferin des minimalistischen Vietnam Denkmals in Washington, die von
sich sagte: "Nobody knows me, but I like that."
Was Wer Wo Wie
Superstars von Warhol bis Madonna Ausstellung
Kuratoren: Thomas Miessgang, Florian Steininger
Kunsthalle
1010, Museumsplatz 1
Kunstforum
1010, Freyung 8
Zu sehen bis 22. 2. 2006
Kunst als sprengende Kraft für Sternchen.
Freitag, 04. November
2005