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vom 20.12.2007 - Seite 026
Ein Haufen Störenfriede

Zwei große Ausstellungen prägen das erste Halbjahr 2008 im Linzer Kunstmuseum Lentos: "Störenfriede - Der Schrecken der Avantgarde von Makart bis Nitsch" und "Oskar Kokoschka - Ein Vagabund in Linz".

Von Franz Thek

Den Beginn machen die "Störenfriede" (1. 2.-18. 5.). Dazu zählen immerhin heute anerkannte und geehrte Größen wie Hans Makart, Anton Romako, Gustav Klimt, Egon Schiele, Oskar Kokoschka, Anton Kolig, Rudolf Hausner, Maria Lassnig, Arnulf Rainer, Hermann Nitsch usw. Alle hatten sie eine Phase, in der sie angefeindet oder gar vor Gericht gezerrt wurden. Anklagepunkte: Vorsetzen von unbequemen Wahrheiten, Beschreiten neuer Kunstwege oder gar die Enttabuisierung des menschlichen Körpers.

Irritation blieb

Provokationen wider eine saturierte Öffentlichkeit, deren hohes Ziel in der glatten Schöngeistigkeit liegt. Den Höhepunkt doktrinärer Kunstkritik haben die Nazis mit dem Prädikat "Entartete Kunst" eingeläutet. Aber die Irritationen blieben auch nach dem Ende des 3. Reiches und finden bis in die Gegenwart immer wieder neue Nahrung.

Man erinnere sich an Hermann Nitsch, die Künstlergruppe Gelatine oder die Wiener Plakataktion zur Auseinandersetzung mit der EU. Kunstnomaden und Aktionisten lassen immer wieder die Alarmglocken bei Sittenwächtern und Stammtischkritikern schrillen.

Die Ausstellung präsentiert eine Auswahl an "österreichischen Klassikern, die den Prozess der radikalen Ablehnung und öffentlichen Schmähung durchlaufen mussten", so das Konzept der Gestalter. Zeitgenössische Reaktionen werden Beispielen etablierter Kunst gegenübergestellt.

Wie bei der folgenden Kokoschka-Ausstellung stammt ein Gutteil der Exponate aus dem Lentos-Besitz.

Zum Publikumsmagnet soll die Ausstellung "Oskar Kokoschka - Ein Vagabund in Linz. Vom ,Oberwildling' zum ,entarteten' Künstler" werden (31. 5.-5. 10.).

Dabei wird das Verhältnis des Künstlers mit Linz herausgestrichen, wo er 1955 für einen Monat logierte und arbeitete. Die "Linzer Landschaft" (Bild oben) zählt zu den Lentos- Hauptwerken und dokumentiert den Bezug zum Vorläufer Gurlitt-Museum, wo Kokoschka nach dem Krieg seine erste Ausstellung in Österreich zeigte. Linz ist mit fünf Gemälden, 13 Zeichnungen und hundert Lithografien reich an Kokoschkas. Die Schau wird mit Exponaten aus Deutschland, der Schweiz, den USA und Großbritannien angereichert.

Kokoschka wird übrigens auch in Wien gezeigt: Ab Jänner im Belvedere (Frühwerk) und ab April in der Albertina (Spätwerk).

zur Person

Oskar Kokoschka

Am 1. März 1886 in Pöchlarn (NÖ) geboren. Volks-, Real- und Kunstgewerbeschule. 1908 erste Kunstschau. 1913 Veröffentlichung von "Dramen und Bilder". Freiwilliger Militärdienst, Verwundung. 1938 ins Exil nach England. 1947 erste große Ausstellung nach dem Krieg in Basel. Am 22. 2. 1980 Tod in Montreux.

Info:

www.lentos.at

"Linzer Landschaft". Das Gemälde von Oskar Kokoschka von 1955 hängt im Lentos. Foto: Lentos


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