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KHM: Familie Czernin will Vermeers "Malkunst" zurück

05.09.2009 | 19:26 |  (DiePresse.com)

Die Erben von Jaromir Czernin fordern die Rückgabe des wertvollen Gemäldes. Der Verkauf an Hitler "war der Preis, um zu überleben", so der Anwalt der Familie. Für das KHM wäre das ein "schmerzhafter Verlust".

Die Restitution des Bilds "Die Malkunst" von Jan Vermeer (1632-1675) aus dem Kunsthistorischen Museum Wien (KHM) fordern die Erben von Jaromir Czernin in einem Schreiben an die Republik Österreich. Jaromir Czernin hatte das Gemälde 1940 an Adolf Hitler für das geplante Führermuseum in Linz verkauft - unter Zwang, wie die Familie Czernin meint, berichtet die Tageszeitung "Der Standard". Seit 1946 befindet sich das um 1665 entstandene Bild in Besitz des KHM.

Vorerst keine Klage

Die Familie Czernin hat demnach beim Provenienzforscher Michael Wladika ein Gutachten in Auftrag gegeben. Aufgrund dessen Ergebnissen regt die Familie, vertreten vom Anwalt Alexander Theiss, die Rückgabe an. Dass die Familie die Restitution nur "anregt" und vorerst nicht klagen will, erklärt Theiss so: "Wir sind überzeugt, dass die Republik die Angelegenheit offen und ehrlich abhandelt und weitere Schritte nicht erforderlich sind."

Czernin hätte keine andere Wahl als den Verkauf gehabt, meinte Theiss gegenüber der Zeitung, "Er musste verkaufen, um die Existenz der Familie zu sichern", "das war der Preis, um zu überleben". Czernin, Schwager des Ständestaatskanzlers Kurt Schuschnigg sei nach den Nürnberger Gesetzen ein "Mischling zweiten Grades" gewesen. Zudem sei Hitler schon 1935 auf das Bild erpicht gewesen.

Nach Krieg: Rückgabe fehlgeschlagen

Rückgabeforderungen nach dem Krieg waren nach Angaben der Zeitung fehlgeschlagen. Theiss ist davon überzeugt, dass sich die Republik nun nicht der "erschütternden" Argumentation der Nachkriegszeit anschließen werde. Damals sei argumentiert worden, der Verkauf "auf Augenhöhe ausgehandelt" worden sei, Czernin das Gemälde ohne Druck an Hitler verkauft habe und einen angemessenen Kaufpreis dafür bekommen.

Bei der "Malkunst handelt es sich um das größte Gemälde des niederländischen Malers, von dem es nicht einmal 40 Bilder gibt.

Einziger Vermeer des KHM

Sollte es zu einer Restitution kommen, wäre das für KHM-Generaldirektorin Sabine Haag ein "schmerzhafter Verlust". Die "Malkunst" sei das einzige Gemälde Vermeers im Museum und "zählt zu den absoluten Zimelien", meinte Haag am Samstag. Noch sei es in dem Fall aber "bei weitem zu früh, darüber nachzudenken", was im Fall einer Restitutionsempfehlung zu geschehen hätte, der Ball liege nun bei der Kommission für Provenienzforschung.

Die Forderung der Familie Czernin sei "überraschend" gekommen, auch wenn die Frage einer möglichen Restitution des Bildes in der Vergangenheit immer wieder aufgetaucht sei. Von den beiden von der Kommission bestellten Provenienzforscherinnen, die seit April den gesamten Bestand des Hauses auf seine Herkunft untersuchen, wäre das Vermeer-Gemälde routinemäßig geprüft worden, nun werde die Untersuchung des Bildes vorgezogen, sagte Haag.

"Objektiv und wissenschaftlich prüfen"

Das KHM könne aber aktiv nicht mehr tun, als die beiden Forscherinnen und die Kommission bestmöglich zu unterstützen, es sei hier "keinerlei Parteinahme seitens des Museums möglich und erwünscht".

Das von der Familie Czernin in Auftrag gegebene Gutachten sei vom Museum bereits an die Kommission übergeben worden. "Es kann nur im Interesse des Hauses liegen, dass die Sachlage umfassend, objektiv und wissenschaftliche geprüft wird", betonte Haag.

 


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