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Fotografie: Hasselblad Award geht an Walid Raad

08.03.2011 | 13:27 |  (DiePresse.com)

Der libanesische Künstler Walid Raad erhält den mit 113.000 Euro dotierten Hasselblad-Preis für Fotografie. Er setzt sich mit Krieg und Geschichte auseinander.

Eine der weltweit wichtigsten Auszeichnungen für Fotografie geht heuer an Walid Raad: Der libanesische Künstler, der sich intensiv mit der Geschichte seines Landes auseinandersetzt, wird mit dem schwedischen Hasselblad-Preis für Fotografie ausgezeichnet. Er erhält die mit einer Million Kronen (circa 113.000 Euro) dotierte Auszeichnung, weil er die traditionelle Ikonografie von Kriegsfotografie hinterfrage, teilte die Juroren der Hasselblad-Stiftung am Dienstag in Göteborg mit. Raad sei einer der originellsten zeitgenössischen Künstler, der Fotografie als Medium benutze, hieß es in der Erklärung der Hasselblad-Stiftung.

Wie wird Geschichte gezeigt und erzählt?

Raad machte sich in der Kunszene vor allem mit seinem Projekt "The Atlas Group" einen Namen, in dem er zusammen mit anderen Künstlern die libanesische Geschichte, insbesondere den Bürgerkrieg von 1975 bis 1990, dokumentiert: Zu diesem fiktionalen Archiv gehören nicht nur gefundene, sondern auch eigens geschaffene fotografische, audiovisuelle und schriftliche 'Dokumente' des libanesischen Alltags oder ein Nachlass des (fiktiven) libanesischen Historikers. Seine Arbeit zeigt einerseits den brutalen Alltag in Kriegszeiten. Zugleich hinterfragt sie auch, wie Geschichte erfahren, gezeigt und erzählt wird.

In dem Projekt "The Atlas Group" stelle Raad einen Zusammenhang zwischen Dokumentarfotografie, Archivaufnahmen und der Geschichte des Landes her, meint die Jury des Hasselblad Awards. Im Zentrum seiner Arbeit steht die Frage: Wie können Krieg und soziale Konflikte in der Kunst dargestellt werden?

Ausstellung im November in Göteborg

Raad ist Medienkünstler und arbeitet sowohl mit Fotografie als auch mit Videos, Installationen und Texten. "Fotografie - Praxis, Technik und Formen - sind äußert wichtig dafür, wie ich die Welt sehe und wie ich künstlerisch arbeite", schreib er in einem Chat nach der Bekanntgabe des Hasselblad-Preisträgers.

Er wurde 1967 in der libanesischen Stadt Chbanieh geboren und lebt heute in New York. Dort wurde ihm am Dienstag auch die Auszeichnung übergeben.

Am 12. November eröffnet im Hasselblad Center im Museum of Art in Göteborg eine Ausstellung mit den Werken des Preisträgers. In der renommierten Londoner Whitechapel Gallery hatte Raad zuletzt eine Ausstellung. In Deutschland zeigte 2006 der Hamburger Bahnhof in Berlin Werke der "Atlas Group". 2002 nahm Raad an der documenta 11 in Kassel teil. 2007 gewann er den Deutsche Börse Photography Prize.


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