Der Weg vom Punk zum Prunk
Daniel Richter. Der deutsche Maler ist ein Star der mittleren Generation. Er zeigt im Museum Essl Poppiges und Hintersinniges.
ERNST P. STROBL Klosterneuburg (SN). Weit hat er es gebracht, der hochgeschossene Deutsche aus dem hohen Norden. Daniel Richter kam erst mit 30 Jahren zur Kunst, „zwangsläufig“, wie er sagt. Was denn sonst, ohne Matura, ohne wohlhabende Eltern, nichts gelernt? Vorher hatte er sich in der autonomen Szene Hamburgs herumgetrieben, heute will er in der Kunst autonom sein.
Was so ein Buchstabe ausmacht! Einst liebte er Punk, jetzt liebt er den Prunk des Wiener Hotels Imperial. Er kann es sich leisten, seine Bilder werden ihm von Sammlern aus der Hand gerissen.
Einer der Sammler richtet jetzt (bis zum 10. Jänner) eine Ausstellung aus, Daniel Richter wird im Museum von Karlheinz Essl in Klosterneuburg mit neunzehn Werken repräsentativ vorgestellt.
In Wien hat der 47-jährige Daniel Richter eine Professur an der Akademie der bildenden Künste, in Salzburg wurde er 2008 mit seinem realistisch-surrealem Bühnenbild für Béla Bartóks „Herzog Blaubarts Burg“ bekannt, für das ihn Johan Simons geholt hatte. Auch im kommenden Festspielsommer sollte er in der Felsenreitschule ein Bühnenbild bauen, erzählt Daniel Richter den SN am Mittwoch am Rand der Presseführung. Und zwar für Alban Bergs „Lulu“. Jürgen Flimm soll die Oper inszenieren, Nikolaus Harnoncourt dirigieren. Der angeschlagene Gesundheitszustand des 80-jährigen Harnoncourt halte aber das Projekt in Schwebe, sagt Richter. Für ihn sei der Riesenraum der Felsenreitschule eine besondere Herausforderung. Auf seine Malerei habe der Ausflug ins dreidimensionale Bühnenbild keine Auswirkungen gehabt.
Apropos riesig: Die Ausstellung zeigt auch verschiedene Entwicklungen in Daniel Richters Kunst. Angefangen hat er mit abstrakten Bildern, ab dem Jahr 2000 etwa wurde er „figurativ“, das heißt, er bemalte Riesenformate mit komplexen Szenen, unzähligen Quadraten oder kommentierenden Sujets zu Gesellschaft und Politik mit menschlichen Figuren. Auch da erhielten die Körper mit lasierender Technik oder Verwischungen eine geisterhafte Transparenz.Oberhalb der Fensterreihe im 2. Stock des Essl-Museums hängen ein paar Bilder aus der „abstrakten“ Phase, überfüllt durch Farben und Form, als einzige „Skulptur“ ist da ein ausgestopfter, „verunglückter“ Fuchs mit Bandagen und rotem Hütchen. Dann kommt eine Reihe von Großformaten, mitunter förmlich explodierend oder halluzinogen wie „Flash“ mit einem gekenterten Boot und gespenstischen Gestalten. Über „Amsterdam“ steht ein feuergelber Himmel, davor sammeln sich ein Bikinimädchen und dunkel-trübe Figuren. Vor einem Weltuntergangsszenario steht das „Poor girl“, auf „Elektrola“ tummeln sich im CD-Laden merkwürdige Geisterfiguren, die gelben Quadrate auf dem Clowngewand knallen. Die mediale Bilderflut führte zum Überfluss bei Richter. Der wird aber neuerdings in jeder Hinsicht reduziert.
Fast rührend: Auch bei einem Jüngeren wie Daniel Richter aus Eutin („Der Norden war der Osten vom Westen“) hat sich die deutsche Geschichte eingegraben, Fotos von der 1989 gefallenen innerdeutschen Grenze mit Blick der Westseite in den Osten inspirierten ihn zu kleinen „Salon“-Formaten. Karg, geometrisch streng, suggestiv. Eine neue Dimension. www.essl.museum