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Kunstrückgabe-Beirat: Wer wird jetzt entscheiden?

22.09.2010 | 18:42 |  (Die Presse)

Am Mittwoch tagte der Kunstrückgabe-Beirat. Im Fall von Egon Schieles "Mutter mit zwei Kindern" aus dem Belvedere gab es weder für noch gegen die Restitution eine Mehrheit. Jetzt ist Ministerin Schmied an der Reihe.

Mittwoch tagte der Kunstrückgabe-Beirat. Wichtigstes Thema: die Restitution von Schieles „Mutter mit zwei Kindern III“ aus dem Belvedere. Um das Gemälde gab es Streit. Mittags hieß es aus Beiratskreisen zur „Presse“: Es habe keine Mehrheit gegeben, weder für noch gegen die Restitution, daher werde man die Unterlagen Bildungsministerin Claudia Schmied überantworten. Der Beirat berät nur, die Ministerin entscheidet, fast immer so, wie der Beirat empfohlen hat.

Schmied scheint das heiße Eisen aber nicht anfassen zu wollen. Nachmittags erklärte ihr Büro in einer Aussendung, der Beirat werde bis zur nächsten Sitzung am 8. Oktober alle Daten, Fakten und Argumente für oder gegen eine Rückgabe zusammenstellen und eine Empfehlung abgeben. Die Provenienzgeschichte in Kürze: Das Bild gehörte der Unternehmerin Jenny Steiner, die eine große Kunstsammlung besaß, von den Nationalsozialisten vertrieben und beraubt wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt Steiner, die nach New York geflohen war, „Mutter mit zwei Kindern III“ zurück.

Funkstille um „Häuser am Meer“?

Da ihr Anwalt ahnte, dass sie es nicht werde ausführen können – das Denkmalamt hätte das Bild wie in vielen anderen Fällen als nationales Kulturgut mit einem Ausfuhrverbot belegen können –, wurde das Gemälde für 20.000 Schilling dem Belvedere verkauft. Im Jahr 2000 lehnte der Rückgabe-Beirat die Restitution ab: Österreich habe für das Bild bezahlt. Danach wurde das Gesetz novelliert, und nun können auch Bilder, für die bezahlt wurde, retourniert werden, weil die Verkäufe oft unter Druck zustande gekommen waren. In der „Presse“ hatte Belvedere-Chefin Agnes Husslein heuer im März betont, sie werde um das Bild kämpfen.

In Gastkommentaren der Mittwoch-Ausgabe der „Presse“ legten Juristen ihre konträren Standpunkte dar. Die Rückgabe folge dem Gesetz, schrieb Rechtsanwalt Martin Maxl, der die Israelitische Kultusgemeinde in Restitutionsfragen vertritt. Eine Rückgabe wäre ein Rechtsbruch, erklärte Ernst Ploil, ebenfalls Rechtsanwalt und Kunstsammler.

Eines steht fest: Es handelt sich um ein besonders wertvolles Gemälde aus der Spätzeit Schieles (1915/17). Der Schiele-Rekord (Gemälde) liegt derzeit bei 22,4 Mio. Dollar (16,7 Mio. Euro): „Einzelne Häuser mit Bergen 1915“ wurde 2006 bei Christie's New York um diesen Preis verkauft. Aus der Sammlung Jenny Steiners stammt übrigens auch Schieles „Häuser am Meer“, heute im Leopold-Museum. Es wolle das Bild ablösen, sagt das Museum. In der Sache gehe nichts weiter, heißt es aus Erben-Kreisen.


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