Der österreichische Bildhauer Karl Prantl starb
im Alter von 86 Jahren
Die Zeichen aus Stein
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Karl Prantl hinter einem seiner Objekte. Foto: apa/Techt
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Von Edwin
Baumgartner
Prantl prägte
die Bildhauerei der Nachkriegszeit.
Staatspreis-Träger gründete das
Bildhauer-Symposium in St. Margarethen.
Wien/Eisenstadt.
Der österreichische Bildhauer Karl Prantl ist am Freitag im 87.
Lebensjahr gestorben. Er brach vor der Türe seines Hauses zusammen und
war sofort tot. Prantl gilt als einer der wichtigsten Steinbildhauer der
Gegenwart.
Geboren wurde Prantl am 5. November 1923 in Pöttsching im Burgenland
als Sohn einer österreichisch-ungarischen Beamtenfamilie. Obwohl Prantls
hauptsächliche Bedeutung auf dem Gebiet der Skulptur liegt, mit der er
sich etwa ab 1950 befasst, hat er in diesem Bereich nie eine
professionelle Ausbildung absolviert. Sein Diplom erhält er an der
Akademie der bildenden Künste Wien für Malerei, die er von 1946 bis 1952
bei Albert Paris Gütersloh studiert hat.
Bildhauersymposion
1958 bezieht Prantl sein erstes Atelier in einem alten Gewölbe in der
Nähe des Donaukanals. Im gleichen Jahr arbeitet Prantl erstmals längere
Zeit im Steinbruch St. Margarethen. Im Jahr darauf kommt an diesem Ort
das erste internationale Freiluft-Bildhauersymposium zustande. Der
Organisator: Karl Prantl.
1965 übersiedelte Prantl in ein neues Atelier, einen Gebäudetrakt der
Wiener Weltausstellung. 1970 zieht er sich vom St. Margarethener
Bildhauersymposion zurück, denn er sieht sein Lebenswerk zu wenig
gewürdigt. 1979 tritt er aus dem Förderverein des Symposions aus. Zehn
Jahre später sind die Wogen genug geglättet, dass Prantl wieder in den
Förderverein zurückkehrt.
1978 übersiedelt Prantl in seinen Geburtsort Pöttsching, wo er bis zu
seinem Tod lebt und arbeitet. 2008 wird ihm der Große Österreichische
Staatspreis für Bildende Kunst zuerkannt.
In den letzten Jahren konnte Prantl aufgrund der Knochenbrüchigkeit,
die ein für Steinbildhauer charakteristisches Altersleiden ist, nicht
mehr selbst arbeiten. Er schuf seine Werke, indem er sie einem Helfer
gleichsam in Hammer und Meißel diktierte.
Zeichensetzungen
Der Auslöser für Prantls Selbstfindung ist eine Auftragsarbeit, an
der er 1959 arbeitet: Er soll einen großen Grenzstein schaffen. Prantl
erfährt zum ersten Mal die künstlerische Arbeit in der freien Natur. Er
empfindet es als "Hinausgehen in den Freiraum", der Stein wird für ihn
zum "Mittel, um zu diesem Freidenken zu kommen – zum Freiwerden von
vielen Zwängen, Engen und Tabus". Und er entdeckt die
Eigengesetzlichkeit des Steins: Die Dichte des Materials akzeptiert
Prantl, nicht aber die ihm zugesprochene Eigenschaft der kristallinen
Härte. Prantl zwingt nicht dem Stein eine Form auf, sondern lässt sich
von den Strukturen des Steins leiten. Zwangsläufig fertigt er keine
Skizzen an, die dem Stein doch nur eine Form überstülpen würden.
Prantls Skulpturen sind Zeichensetzungen in der Natur. Man soll an
sie herantreten, man soll sie berühren: Der Mensch, der mit dem Stein in
Kontakt tritt, der Stein, der als Mittler zwischen Mensch und Natur
steht.
Prantls Skulpturen ordnen sich keiner wie auch immer gearteten
künstlerischen Ästhetik unter. Vielmehr evozieren sie Magie und
Erhabenheit. Sie dulden keine anderen Kunstobjekte in dem von ihnen
beherrschten Raum. Der amerikanische Kunstkritiker Yehuda E. Safran
assoziiert mit Prantls Stelen "eine Rauchsäule bei Tag, eine Feuersäule
bei Nacht".
Printausgabe vom Samstag, 09.
Oktober 2010
Online seit: Freitag, 08. Oktober 2010 16:48:10
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