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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
16. Jänner 2007
18:46 MEZ
www.albertina.at Bis 24. 4. Georg Baselitz wurde 1938 in Deutschbaselitz, Sachsen, geboren. Foto: APA  
Foto: Albertina
Baselitz: "Ich bin sehr viele Male zum Nullpunkt zurückgekehrt. Das hat mich aber nie veranlasst, das zu zerstören, was ich vorher gemacht hatte."

Foto: APA/EPA/Everett Kennedy Brown

Neue Wirkung für alte Motive
Die Wiener Albertina zeigt aktuelle Gemälde und Arbeiten auf Papier von Georg Baselitz, der nun versucht sein Oeuvre neu ab- beziehungsweise aufzumischen

Der Sachse Baselitz nimmt darin einen Dialog mit seiner eigenen Malerei auf. Er will die Bilder jetzt "leichter".


Wien - "Ich mache ja nichts außerhalb der bestehenden Malerei. Meine Bilder kommen von Bildern: von neuen, von alten, auch von schlechten, grotesken Bildern." Und selbstverständlich immer auch von den eigenen. Seit 2005 bezeichnet Georg Baselitz die Anregung durchs eigene Werk gern als "Remix". Er isst sich demnach jetzt selber auf. Baselitz lebt von Baselitz, von längst gefundenen Bildern, die von wiederum noch älteren Bildern provoziert wurden.

Er selbst ist zumindest derzeit sein Stoff zum weitermachen, sein Malen Ausdruck des Denkens an Baselitz. Und man spürt, wie leicht ihm das von der Hand geht, wie rein und farbenfroh er seine Kunstgeschichte jetzt darstellt. Georg Baselitz' Methode des Erinnerns verfolgt ein Ziel: die Selbsterleichterung. Er aquarelliert jetzt virtuos in jedem Medium, wird nicht müde, sich selbst noch brauchbarere Bilder zu schenken. "Man kennt mich als Maler schwerer Bilder. Ich habe jahrzehntelang Bilder gemauert: Schicht auf Schicht. Das war zum größten Teil Unvermögen. Ich wollte schneller Bilder malen können. Aber das habe ich einfach nicht zu Wege gebracht. Und jetzt ist es mir endlich gelungen, innerhalb einer Stunde Bilder zu malen! Die müssen dann leicht sein."

Ganz so, als wären Die große Nacht im Eimer oder Die Hand - brennendes Haus, als wären Falle, Partisan und Adler immer schon fürs Boudoir bestimmt gewesen. Sachsen, führt er vor, lässt sich sogar erotisch deuten, und aus den entmachteten Vätern werden dank seiner Methode im Handumdrehen leichtfüßige Tänzer, aus seiner Biografie, aus seiner Herkunft ein endlich jeder Erwartung bereinigtes Terrain. Man hat seine deutschen Helden missverstanden. Seine Methode, die Motive auf den Kopf zu stellen, hat für einiges Aufsehen gesorgt. Man hat ihn fälschlich dem expressiven Lager zugeordnet. Längst arriviert, bleibt er dabei, ständig die Methoden zu wechseln, darauf zu beharren zu jeder Zeit frische Ware im Schutz der eingeführten Marke im Angebot zu haben.

"Wenn man älter wird, kommt man unentwegt in so eine Sentimentalität hinein. Und Maler haben einfach das Glück, daraus noch etwas Brauchbares machen zu können. Die Erinnerungen sind die Motivation zum Bildermachen. Ich hege da keine Visionen und auch keine Hoffnungen auf irgendetwas."

Der Nullpunkt

Da ist die Vergangenheit. Und die ist eben so und so, angenehm und unangenehm. Und da ist Georg Baselitz, der immer wieder neue Wege findet, die Bilder in Ordnung zu bringen. "Ich bin sehr viele Male zum Nullpunkt zurückgekehrt. Das hat mich aber nie veranlasst, das zu zerstören, was ich vorher gemacht hatte. Ich habe es immer akzeptiert." Offensichtlich wird es auch mit diesem Verfahren nicht leichter, dem Malen noch weitere gute Bilder abzuringen. Ab und an aber findet sich noch eine noch überraschende Variante.

Die Ausstellung Baselitz Remix zeigt mit 28 Gemälden und rund 60 Arbeiten auf Papier - Tuschzeichnungen und Aquarelle - das jüngste Schaffen. Thematisiert werden die malerische Reflexion auf frühe programmatische Arbeiten wie etwa auf die Bilder Die große Nacht im Eimer, Helden und Neue Typen sowie der Dialog zwischen der neuen Remix-Serie und ihrer formalen Variation in Tusche und Aquarell. Georg Baselitz, 1938 in Deutschbaselitz in Sachsen geboren. Sein Frühwerk ist durch eine vehemente Antihaltung bestimmt, die zu Bildern wie Die große Nacht im Eimer (1962/63) und der Entwicklung der Helden bzw. Neuen Typen" (1966) führte. Ab 1969 mündet Baselitz' Suche in der Umkehr der Motive.

Sieben Gemälde und 58 Aquarelle aus der laufenden Präsentation werden als Dauerleihgabe in der Albertina verbleiben. (Markus Mittringer/ DER STANDARD, Printausgabe, 17.1.2007)


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