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Art Dubai: Schatzgrube für Idealisten

28.03.2009 | 18:23 | von Sabine B. Vogel (Die Presse)

Krise und Aufbruch am Persischen Golf: Die Art Dubai war heuer finanziell ein Desaster, dafür entschädigte inhaltlich die „Sharjah Biennale“.

Die Baukräne stehen still. Viele Arbeiter mussten das Land verlassen. Der Wohnungsmarkt ist eingebrochen, die Mietpreise sinken drastisch. Der höchste Büroturm bleibt niedriger, die geplanten Kulturprojekte sind verschoben – Dubai steckt tief in der Finanzkrise. In dieser angespannten Situation eröffnete die dritte „Art Dubai“.

Initiiert vom britischen Galeristen John Martin will diese Kunstmesse ein russisches, indisches und arabisches Publikum ansprechen. Letztes Jahr konnten die indischen Galerien ihren Stand in Rekordzeit ausverkaufen – dieses Jahr musste die renommierte Chemould Gallery ihre gesamte Ware wieder nach Mumbai zurückführen.

Kalligrafie statt Kitsch. Verkaufsmäßig ist die „Art Dubai“ heuer ein Desaster, was zum einen an der Verunsicherung durch die Krise liegt, denn alle warten auf fallende Preise. Zum anderen wissen vor allem die westlichen Galerien noch immer nicht, was hier eigentlich wem verkauft werden kann. Dominierten im ersten Jahr Bilder voller Falken und Kamele, viel Gold und Kitsch die Stände, waren es im letzten Jahr vor allem ornamentale Werke. Dieses Jahr setzen die Galerien auf kalligrafische Elemente in den Bildern und auf Künstler mit nicht westlicher Biografie.

Da gibt es Spannendes zu entdecken wie Sama Aishaibis verführerische Fotografien oder Nazgol Ansarinias Spiel mit Traditionen. Aber der Kunstmarkt kann weder Kunstbetrieb noch Politik vorauseilen. Erst wenn die Künstler aus der Menasa-Region (Middle East, North Africa, South Asia) auch in internationalen Museen und hochwertigen regionalen Sammlungen ausstellen, wird sich ein funktionierender Markt bilden. So ist die „Art Dubai“ für Galerien noch ein Wagnis – für Kuratoren dagegen eine Schatzgrube. Die Entdeckungsfreude wurde heuer noch potenziert: Zeitgleich eröffnete im Nachbaremirat die neunte „Sharjah Biennale“. Chefkurator Jack Persekian verzichtet nahezu vollständig auf Superstars und Westkünstler, einzige Ausnahme ist Lawrence Weiner. Der Großteil der diesmal nur 58 weitgehend unbekannten Künstler stammt aus der Menasa-Region. Aus 250 Vorschlägen für ortsspezifische Projekte wurden 29 ausgewählt, darunter Maider Lopez' Fußballfeld rund um die Laternen auf dem Platz vor dem Museum, die temporäre Radiostation auf den Schiffen im Hafen von der indischen Gruppe CAMP oder auch Nida Sinnokrots „Westbank Butterfly“. Sinnokrot spiegelt die Landkarte der Westbank auf einen Schmetterling und lässt ihn als verletzliches Objekt im Wind eines Ventilators flattern.

Die Region steht im Zentrum. Ob poetisch oder plakativ, dokumentarisch oder symbolisch – die Region steht im Zentrum der Biennale. Nicht als Thema, sondern als Grundbedingung. Die Ausstellung soll ein Forum sein, um die Bedingungen zum Leben und Arbeiten der Künstler zu verbessern. Mit diesem Konzept zur Stärkung der Region schafft es Persekian, nicht nur eine der spannendsten Biennalen der letzten Zeit, sondern auch Sharjahs Bedeutung in der gerade beginnenden Umpositionierung der Emirate zu festigen.

Denn galt bisher Sharjah als Kulturhauptstadt, beansprucht jetzt Abu Dhabi diese Rolle. Noch bevor 2012 die vier spektakulären Museen auf der Saadiyat-Insel eröffnen, will das reiche Abu Dhabi heuer bereits auf der Biennale Venedig mit einem nationalen Pavillon und einer zweiten, speziellen Abu-Dhabi-Präsentation auftreten. Gemeinsam erheben die Vereinigten Emirate jedenfalls den Anspruch, kulturelles Zentrum der Menasa-Region zu werden.


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