Die Baukräne stehen still. Viele Arbeiter mussten das Land verlassen. Der Wohnungsmarkt ist eingebrochen, die Mietpreise sinken drastisch. Der höchste Büroturm bleibt niedriger, die geplanten Kulturprojekte sind verschoben – Dubai steckt tief in der Finanzkrise. In dieser angespannten Situation eröffnete die dritte „Art Dubai“.
Initiiert vom britischen Galeristen John Martin will diese
Kunstmesse ein russisches, indisches und arabisches Publikum
ansprechen. Letztes Jahr konnten die indischen Galerien ihren Stand in
Rekordzeit ausverkaufen – dieses Jahr musste die renommierte Chemould
Gallery ihre gesamte Ware wieder nach Mumbai zurückführen.
Kalligrafie
statt Kitsch. Verkaufsmäßig ist die „Art Dubai“ heuer ein Desaster, was
zum einen an der Verunsicherung durch die Krise liegt, denn alle warten
auf fallende Preise. Zum anderen wissen vor allem die westlichen
Galerien noch immer nicht, was hier eigentlich wem verkauft werden
kann. Dominierten im ersten Jahr Bilder voller Falken und Kamele, viel
Gold und Kitsch die Stände, waren es im letzten Jahr vor allem
ornamentale Werke. Dieses Jahr setzen die Galerien auf kalligrafische
Elemente in den Bildern und auf Künstler mit nicht westlicher Biografie.
Da gibt es Spannendes zu entdecken wie Sama Aishaibis verführerische
Fotografien oder Nazgol Ansarinias Spiel mit Traditionen. Aber der
Kunstmarkt kann weder Kunstbetrieb noch Politik vorauseilen. Erst wenn
die Künstler aus der Menasa-Region (Middle East, North Africa, South
Asia) auch in internationalen Museen und hochwertigen regionalen
Sammlungen ausstellen, wird sich ein funktionierender Markt bilden. So
ist die „Art Dubai“ für Galerien noch ein Wagnis – für Kuratoren
dagegen eine Schatzgrube. Die Entdeckungsfreude wurde heuer noch
potenziert: Zeitgleich eröffnete im Nachbaremirat die neunte „Sharjah
Biennale“. Chefkurator Jack Persekian verzichtet nahezu vollständig auf
Superstars und Westkünstler, einzige Ausnahme ist Lawrence Weiner. Der
Großteil der diesmal nur 58 weitgehend unbekannten Künstler stammt aus
der Menasa-Region. Aus 250 Vorschlägen für ortsspezifische Projekte
wurden 29 ausgewählt, darunter Maider Lopez' Fußballfeld rund um die
Laternen auf dem Platz vor dem Museum, die temporäre Radiostation auf
den Schiffen im Hafen von der indischen Gruppe CAMP oder auch Nida
Sinnokrots „Westbank Butterfly“. Sinnokrot spiegelt die Landkarte der
Westbank auf einen Schmetterling und lässt ihn als verletzliches Objekt
im Wind eines Ventilators flattern.
Die Region steht im
Zentrum. Ob poetisch oder plakativ, dokumentarisch oder symbolisch –
die Region steht im Zentrum der Biennale. Nicht als Thema, sondern als
Grundbedingung. Die Ausstellung soll ein Forum sein, um die Bedingungen
zum Leben und Arbeiten der Künstler zu verbessern. Mit diesem Konzept
zur Stärkung der Region schafft es Persekian, nicht nur eine der
spannendsten Biennalen der letzten Zeit, sondern auch Sharjahs
Bedeutung in der gerade beginnenden Umpositionierung der Emirate zu
festigen.
Denn galt bisher Sharjah als Kulturhauptstadt, beansprucht jetzt Abu Dhabi diese Rolle. Noch bevor 2012 die vier spektakulären Museen auf der Saadiyat-Insel eröffnen, will das reiche Abu Dhabi heuer bereits auf der Biennale Venedig mit einem nationalen Pavillon und einer zweiten, speziellen Abu-Dhabi-Präsentation auftreten. Gemeinsam erheben die Vereinigten Emirate jedenfalls den Anspruch, kulturelles Zentrum der Menasa-Region zu werden.