Die Ära von Barbara Holub als Präsidentin der
Secession war kurz. Die Änderungen im Ausstellungsbetrieb werden mit
ihrem interessanten Programm noch ein Jahr sichtbar sein: Besucher
treffen in der Westpassage der U-Bahn-Station Karlsplatz auf eine
Glasvitrine, die mit einer unabhängigen Projektreihe bespielt wird. Die
ehemaligen Räume des Cafés im Keller waren schon zuletzt für wandelbare
Strukturen genützt worden. Nun starten dort "6 Sessions. Sound,
Screenings, Lectures, Performances", die Nicolas Jasmin, die
Komponistin Olga Neuwirth und Rita Vitorelli konzipiert haben.
"Footnotes" heißen die Beiträge für die
Vitrine in der Passage, die Hajnalka Somogyi aus Budapest kuratiert.
Die erste künstlerische Befragung um das Verhältnis Haupthaus und
Nebenschauplätze ist das "Glossary" von Zbynek Baladrán aus Prag,
Teilnehmer der Manifesta 5 im Jahr 2004, Artist in Residence im
"quartier 21" in Wien 2006.
"Fußnote" befragt sich selbst in ihrer sprachlichen Verwendung einer
tief schürfenden Anmerkung zu einem Text. Hier wird sie auf die
räumliche Disposition zum Kunsttempel Secession übertragen und es wird
auf die Tatsache hingewiesen, dass zeitgenössische Kunst die Umgebung
einbezieht. Mit der interessanten Text-Diagrammarbeit, in deren Zentrum
es um die Utopie einer besseren Gesellschaft geht, verbindet Baladrán
soziale Randgruppen, das Büro der Streetworker, mischt Passanten und
Kunstpilger.
Das Duo Korpys/Löffler aus Berlin und Bremen zeigt sechs filmische
Arbeiten von 1996-2007. Die jüngste ist ortspezifisch und bezieht sich
auf die Familie Wittgenstein und ihre Bezüge zur Secession. Vor allem
sind die strengen Bauideen des Philosophen Ludwig Wittgenstein nun in
die kreuzförmige Teilung des Hauptraums verwoben. Innen und Außen
werden im Zugangskorridor und Zwischenraum vertauscht, auch im Film
sieht man durch die Aufhängevorrichtung des Beethovenfrieses von Gustav
Klimt auf die internationalen Besucher.
Die Künstler sind mit ihrem Ins-Visier-Nehmen von World Trade
Center, Bau der United Nations und des Pentagon 1997 nach 9/11/01
bekannt geworden. Sie spüren jedoch nicht als Hellseher, sondern als
kritische Zeitzeugen auch dem Vorgehen bei Staatsbesuchen, den
G8-Gipfeltreffen Heiligendamm oder nächtlichen Nukleartransporten von
Gorsleben nach. Dabei lassen sie sich als Journalisten akkreditieren
und filmen scheinbare Randnotizen, die sich aber meist zu Pathosformeln
erheben.
Dabei nützen sie die nächtliche Stunde, aber auch, wie in ihrer
Bootsfahrt quer durch Berlin, Eingriffe in die Realzeit, weiters Musik
und Flüsterstimme. Sie erzeugen eine konspirative Atmosphäre, die kaum
wieder loslässt. Eine spannende Installation, die den wichtigen
zweiten, den ambivalenten Blick freilegt.
Secession
Andree Korpys / Markus Löffler, Zbynek Baladrán
Sessions am 28. Nov.; 5. und 13. Dez.; 9 und 16. Jan.;
jeweils 19 Uhr
Zu sehen bis 27. Jänner
Empfehlenswert.
Mittwoch, 28. November 2007