Salzburger Nachrichten am 15. September 2005 - Bereich: kultur
Kultur gibt Schubkraft

Braunau will das Bochum des Innviertels werden

braunau (SN-psg). Für den Künstler geht ein Lebenstraum in Erfüllung und der Politiker spricht von einer realisierten Vision. Der Künstler, das ist Alois Mandl. Er hatte in der Austria Metall AG im Schichtdienst gearbeitet, ehe er 1989 die Kulturinitiative "Gugg" gründete. Der Politiker, das ist Bürgermeister Gerhard Skiba, der jahrzehntelang mit Veranstaltungsreihen wie den Zeitgeschichtetagen das Image der Hitler-Stadt Braunau abschütteln wollte. Am Freitag kommen Medienvertreter aus ganz Österreich nach Braunau. Diesmal nicht, um den Umgang der Geburtsstadt Hitlers mit der Geschichte zu beurteilen. Diesmal wird drei Tage lang die Eröffnung der − wie Mandl sagt − "schönsten Mittelbühne Österreichs" gefeiert. Die Arbeiterstadt soll Kulturstadt werden. Oder anders ausgedrückt: Braunau wird eine Art Bochum des Innviertels.

Mandl untermauert diesen Anspruch schon in den ersten Wochen nach der Eröffnung: Unter anderem zu sehen: Artistik und Video-Design des Schweizer Ensembles "Stage TV", Tango und Musette von "Quadro Nuevo", die Österreich-Premiere des deutschen TV-Comedians H. H. Thielke und die Freakshow "Les Kamikazes" (ebenfalls Österreich-Premiere).

Drei Millionen Euro mussten für den Umbau des "Gugg" aufgetrieben werden. 90 Prozent davon konnten mit Fördermitteln gedeckt werden (EU: 50 Prozent, Land OÖ: 40 Prozent). Den Rest bringt die Gemeinde auf, die sich schon vor der Eröffnung über einen "ungeheuren Schub" (Skiba) freut. So eröffneten innerhalb der letzten drei Monate in unmittelbarer Nähe des "Gugg" drei Szene-Lokale.

Auch das "Gugg" öffnet sich bewusst nach außen: Auf Bildschirmen an der Fassade werden manche Programme auch auf der Straße zu sehen sein. Tagsüber laufen Vorschauen. Ebenso am Abend im Saal vor den Vorstellungen. Auch die Sesselreihen haben ausgedient. Die maximal 300 Zuschauer sitzen bei jeder Vorstellung nach dem Vorbild des Salzburger Winterfests von Georg Daxner gemütlich an Tischen.

Ironie am Rande: Die erste Veranstaltung nach dem Eröffnungswochenende widmet sich am 23. September ausgerechnet wieder der Klischeepflege - da steht "Schüler Hitler" mit Hubsi Kramar auf dem Programm.Information: www.gugg.at