Die Thyssen-Bornemisza Art Contemporary zeigt "Other than Yourself"
Dunkle Absurditäten
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Zwischen Politik und Privatheit: Sanja Ivekovics „Triangle“ aus 1979. Foto: Courtesy artist
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Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer
Die neuromantische Wiederbelebung der
"Innerlichkeit" spukt schon längere Zeit durch die Ateliers und andere
Laboratorien der Gegenwartskunst. Deshalb finden sich in der aktuellen
Ausstellung "Other than Yourself – An Investigation between Inner and
Outer Space" der Thyssen-Bornemisza Art Contemporary Sammlung auch
interessante Adaptionen von performativen Strategien der Fünfziger- bis
Siebzigerjahre. Die tragbaren schwarzen Säcke, mit denen die Künstler
Emanuel Danesch und David Rych im öffentlichen Raum selbst intimste
Kleinstterritorien sichtbar machen, erinnern an Rita Furrers
"intervenierende Handlungen" an wichtigen Plätzen in Wien und Umgebung.
Performative Skulptur und tragbarer Raum als Refugium des Körpers
bilden zwei der fragmentiert und offen bleibenden Geschichten zwischen
den Grenzen von Außen und Innen.
Ähnlich Günter Brus lässt sich Jan Mancuška von seiner Partnerin am
Körper bemalen – dabei geht es um Stellen, die er nicht sehen kann. Die
Prozedur wird auf Filmstreifen vor einer Lichtwand präsentiert wie in
den ersten Tagen experimenteller Fotografie. Cindy Shermans Filmstill
von 1979 entspricht den Analysen weiblicher Identität auch bei Salla
Tykkä in fünf Fotos zu "Pain, Pleasure, Guilt" im Jahr 2000.
Slaven Tolj weckt sogar Erinnerungen an Atsuko Tanaka aus der
japanischen Gutai-Gruppe und ihren Auftritt im Glühbirnenkleid 1956/57.
Er schnürte 2003 seinen nackten Körper in einen Kabelstrang mit
brennenden Glühbirnen, die langsam alle gelöscht wurden und ihn im
Dunkel zurückließen.
Soziales und Sexualität
Die Dunkelheit und das Unheimliche, Absurde sind ein wesentlicher
Themenstrang – daneben kommen die zwei Hauptneurosen seit der Romantik
zum Zuge: soziale Interaktionen und Sexualität. Bedrohung kommt durch
das Eindringen politischer Regime ins Private bei Sanja Ivekovic oder
der Polin Monika Sosnowska in ihrem kafkaesken Labyrinth von fast
gleichgeschalteten Räumen.
Bei Roman Signer und Dennis Hopper spielen Explosionen und Überfälle
durch kleine Maschinen als Attacken auf den Körper eine Rolle.
Prominent wird die Sprache als Interaktion eingesetzt: etwa auf den
kühlen Marmorbänken mit heißen Liebesschwüren von Jenny Holzer oder bei
Boris Ondreikas zeichnerischen Untersuchungen von Wand- und
Bodenstrukturen.
Am Dachboden schließlich eine sensible Durchdringung von
Zwischenräumen auch für Betrachter: Pipilotti Rist hat ihre Vorhang-
und Dreifach-Videokanal-Installation von 2001 "Related Legs (Yokohama
Dandelions)" genannt. Dies ist trotz kühler Windschlüpfrigkeit des
Raumes kein bedrohlicher, sondern fast ein Ort der Heilung.
Auf diese hoffen auch die Frauen nach "Tortouren" in der
Acht-Kanal-Videoinstallation von Amar Kanwar "The Lightning
Testimonies" von 2007, einem Beitrag zur Documenta 12. Weitere
spannende Positionen sind etwa von Hans Schabus, Mauricio Cattelan oder
Paul McCarthy.
Other than Yourself –
An Investigation between Inner and Outer Space
TB A21
1., Himmelpfortgasse 13
Bis 21. September
http://www.tba21.org
Freitag, 15. Februar 2008
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