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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
19.01.2004
19:20 MEZ
Von
Markus Mittringer

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MuMoK
Bis 2. 5.

Max Weiler

 
Foto: Mumok
Sonst im Juridicum, jetzt in der Zusammenschau mit den anderen der "Vier Wände": "Ganz rechts lebendige Natur", 1973, 256 x 608 cm

Foto: Mumok/Lisa Rastl

Bilder, direkt aus der Natur gemacht
Das Wiener MuMoK zeigt Max Weilers "Vier Wände": Erstmals ist die monumentale Werkgruppe aus den Jahren 1973 bis 1977 geschlossen zu sehen

Wien - "Ich bin nur ein Wandmaler, alles stelle ich mir als Wände vor, vor denen die Leute stehen, gehen, handeln, ruhen. Dazu habe ich mir die Mittel gemacht, gefunden, entwickelt."

Texte wie diesen (1977) notierte Max Weiler nachts. Tagsüber hat er Bilder gemacht. Von 1960 bis 1991 schrieb er sich in seinen Tag-und Nachtheften - sie erschienen 2001 im Verlag Böhlau - seine Betroffenheit von der Seele. Die Betroffenheit ob seiner "einzigen Begabung": zeichnen und malen zu können; seine Betroffenheit ob der Welt, so wie die Menschen sie sich eingerichtet haben, ob der Art und Weise ihres Umgangs miteinander - und mit ihm.

Im Jänner 2001 starb Max Weiler 90-jährig in Wien. Seinem umfangreichen künstlerischen Erbe lassen sich immer noch neue Aspekte abgewinnen. Etwa wenn, wie jetzt im Wiener Museumsquartier, ein Werkzyklus erstmals geschlossen gezeigt wird. Vielleicht nicht so, wie Weiler sich die Präsentation vorgestellt hat, als er zwischen 1973 und 1977 seine Vier Wände anlegte. Jedenfalls aber fand sich zu seinen Lebzeiten nie ein Raum, die Gruppe als Ganzes zu installieren.

In den entkernten und bislang mieterlosen Räumen des ehemaligen "Depot" im Museumsquartier stehen die monumentalen, je 2,56 x 6 Meter großen Wandgemälde jetzt auf niederen Podesten frei im Raum. Das mag nicht ganz den sakralen Charakter haben, der Weiler vielleicht vorgeschwebt ist und den das Thema des Zyklus nahe legt. Der kontinuierliche Aufstieg aus seiner Sicht der üppigen Vegetation der Täler zu kargeren Höhen und weiter über die Baumgrenze hinaus, hin zur rein lichtgeborenen Himmelslandschaft, ist aber in der gegenwärtigen Installation genau so nachzuerleben, wie Weiler die Expansion des Tafelbildes in den Raum in den Tag- und Nachtheften beschrieb:
"Die erste Wand: Eingang durch die Erde - Natur mit Caput Mortum, dann die emporsprießenden Pflanzen, ganz rechts lebendige Natur.

Dann die dritte Wand: Es wird leer, Gegend über der Waldgrenze, Steine, Flechten und Moose.

Dann die vierte Wand: Luft, Wolken, Himmelslandschaft.

So - und ich lasse die Dinge an mich herankommen, ohne jede Aufregung. Eines ist wichtig - dieses dritte Wandbild. Auch das entwickelt sich notwendig. Eines fordert das andere. Das übrige Leben ist gleich, also Ruhe - Gleichgültigkeit - leichter Sinn. Das Stück rechts unten, diese Natur gemalt. Sie ist kompliziert und dauert noch lange und auch die große leere Fläche - viel Arbeit." (1976)

Zwei der Gemälde - Natur mit Caput Mortum von 1974 und Ganz rechts lebendige Natur von 1973 - fanden ihren Platz im Juridicum der Universität Wien, die beiden anderen - Über der Baumgrenze von 1976 und Himmelslandschaft von 1977 - gehören zur Sammlung des Museums moderner Kunst Wien.

Die Arbeiten haben weniger mit konkreter Religion zu tun als mit einer Erkenntnissuche aus paralleler Schöpfung. Was ist die gemäße Form, Natur zu erzeugen, "Natur, die so lebendig ist wie die wirkliche, voller Zufall und doch geordnet"?

Für Weiler war das weder die, wie auch immer erfolgreiche, Kopie noch eine inhaltsbezogene Analyse. Nur die Form des Bildes ließ er als Gradmesser für dessen Gültigkeit zu. (DER STANDARD, Printausgabe, 20.1.2004)


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