Österreichisches Art-Déco-Design jenseits kleinbürgerlicher Folklore
Nippes für Andy Warhol
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Elegantes Kunsthandwerk aus der Werkstätte Hagenauer: Schreitende mit
Panther, 30er Jahre. Foto: Pixelstorm / Christian Schindler
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Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer
Eine längst überfällige Präsentation der Hagenauer-Werkstätte ist für
das Museum Wagner:Werk in der Postsparkasse von Olga Kronsteiner
erarbeitet worden. 1898 bis 1987 existierte die Wiener
Design-Werkstätte, die Metalle und Holz, später auch Keramik
kombinierte. Die Spezialisierung lag auf Kunsthandwerk auf hohem Niveau
für Tischverzierungen, Spiegel, Kerzenleuchter bis zu gefragten
Kühlerfiguren.
Danach war es vor allem Design für Schaufenster und zuletzt hat Franz
Hagenauer seine bildhauerischen Entwürfe, vor allem Torsi, umgesetzt.
Der Stil, der sich von einer Nähe zu den Lehrern Carl Hagenauers
(1872-1928) wie Josef Hoffmann, Dagobert Peche, also der Wiener
Werkstätte, in eine österreichische Variante von Art Decó und Neuer
Sachlichkeit entwickelte, hat besonders in Amerika eine große
Fangemeinde. Unter den Sammlern sind so prominente Namen wie Andy Warhol
und Barbra Streisand.
Im Gegensatz zu der 1932 in Konkurs stürzenden Wiener Werkstätte
konnte die von Carl Hagenauer unter seinem Sohn Karl (1898-1956) sogar
die Weltwirtschaftskrise und den 2. Weltkrieg überstehen. 1956 übernahm
Bruder Franz (1906-1986), der als Bildhauer ausgebildet war. Seinen
eleganten getrieben Kopfentwürfen und Figuren mit leisen Anklängen an
Constantin Brancusi gilt der Hauptteil der Ausstellung.
Nachahmer und Fälscher der Firma gibt es bis heute. Deshalb werden
die Punzen und der Atelierstempel nicht veröffentlicht. In den
öffentlichen Museen befinden sich zwar Möbelentwürfe, Franz Hagenauer
überließ außerdem der Universität für angewandte Kunst als ehemaliger
Professor eine Anzahl an Objekten, doch die Exponate dieser Ausstellung
kommen alle aus Privatbesitz.
Boom an Exotika
Besonders setzt in Erstaunen, dass Karl, der eigentlich Architekt
war, während des Krieges nach extravaganten Abstraktionen weiter
produzieren konnte und mit einer Gruppe schwarzer Tänzerinnen einen Boom
an gehobenen Exotika fortsetzte, der von Josephine Bakers Auftritten in
Paris nach 1920 bis in die 50er Jahre anhielt. Dass dem Publikum damals
die harmlos lustig gedrechselten, springenden Pferde und Rehe zusagten,
ist verständlich, wie aber die "Negerfiguren" und die Afrikarezeption
an sich die Zensur der Nationalsozialisten überstanden hat, bleibt ein
Rätsel. Doch vielleicht sind Franz Hagenauers Entwürfe einer gemäßigten
Moderne durchgegangen, weil das Expressive und die kristalline Zerlegung
fehlen. Idealtyp des "deutschtümelnden" Realismus in der Kunst war
Franz Hagenauer sicher nicht. Die Werkstätte wurde zum Rüstungsbetrieb,
Hagenauer konnte nicht mehr nach Amerika liefern, nach 1945 setzte er
die Produktion in Salzburg fort.
Das Modellsortiment der "Werkstätten Karl Hagenauer" erweiterte sich
nun um Keramik zu Holz und Metall. Aschentötende Mäuse kommen zu Lampen,
Möbel und Schüsseln, die Zusammenarbeit mit Architekten wie Oswald
Haerdtl oder Karl Schwanzer im Wiederaufbau ließ die gemäßigte Moderne
im Stil Franz Hagenauers noch einmal aufleben. Letzte Ausstellungen
seiner Werke gab es 1971 im MAK und 1986 in der Galerie Würthle.
Ausstellung
Hagenauer
Wiener Moderne und Neue Sachlichkeit
bis 30. Juli,
Wagner:Werk Museum PSK
Printausgabe vom Dienstag, 17. Mai 2011
Online seit: Montag, 16. Mai 2011 17:15:00