(cai) John Bock ist garantiert so einer, der seinen Zeigefinger niemals
heimlich in ein unbeaufsichtigtes, jungfräuliches Marmeladenglas
stecken würde, um der Marmelade seine Männlichkeit zu beweisen. Nein, der
röhrt bestimmt wie ein Hirsch und wartet auf das ehrfürchtig erschaudernde
Publikum, bevor er sich nach dem erfolgreichen Nasch-Akt auch noch auf die
Brust klopft wie ein Gorilla. Nach reiflicher Analyse bin ich nämlich
draufgekommen, was das merkwürdige Ding sein soll, mit dem er als
"musicien terrible" (schrecklicher Musiker) so ekstatisch herumlärmt: Ein
Imponierapparat ist das, ein Potenzinstrument.
Oder nennen wir diese Instrumental-Bestie aus den archaischsten Tiefen
des Heimwerkertums, diese fürchterliche Chimäre aus Klavier und
Schlagzeug, doch "Potentophon". Während Bock wie ein Hormon-Berserker in
die rustikalen Tasten haut (als "Leibeigener im Fugenrausch", ein Sklave
seines Testosterons) und während eine primitive Mechanik in einen Topf-
und Kübelharem hineinhämmert, brüllt er wie Hulk mit Verstopfung. (Hulk:
Das ist der Grüne mit dem monströsen Jähzorn.) Und bestünden noch Zweifel,
dass das symbolische Schaubegattungen sind (von "vaginalen" Gefäßen): Bock
räumt sie aus, indem er demonstrativ eine deflorierte Niveacreme, in deren
Unberührtheit sich also eine Sicherheitsnadel hineinbohrt, auf dem
Instrument platziert. Tragikomisch maskulin.
*
Wer kaut, isst länger
(cai) Das Wunderkind von Mozart-Sympathisanten sitzt am Klavier auf
seinem Topferl (Aufschrift: "Wolfi"). Erwartet man jetzt, dass es das
ganze Köchelverzeichnis leerspielt oder sich der Hintern fulminant öffnet?
Georg Petzer ist kein bissiger Satiriker, der seine Opfer zerreißt wie der
Weiße Hai oder der Manfred Deix. Er hat eher gemütliche Mahlzähne und kaut
auf den Schwächen und Eitelkeiten liebevoll herum. Ein kulanter,
altruistischer Karikaturist.
*
Strauß, unser Retter
(cai) Der Passfotoautomat ist ein notorisch einfallsloser Porträtist.
Zum Glück gibt’ s noch die Maler, die sich der Gesichter annehmen. Judith
Zillich stürzt sich gottlob nicht auf das Antlitz des Jahres (das vom
Wolferl), sondern auf ihr eigenes. Und der Herwig Zens lässt uns immerhin
nur den Vater von Johann Strauß Sohn in seinen nervösen Strichen
suchen. Und nicht den Leopold Mozart. Danke!
*
Die Letzten beißt der Dino
(cai) Ein Saurier kackt auf offener Straße Cent-Münzen. (Der muss einen
europäischen Touristen gefressen haben.) Weil Anna Meyer aus
Lippenstiften, Cremetiegeln und Plastikkitsch-Nippes visionär banale
Modelle einer Mega-City bastelt. Vorbild: Tokio. Perfekte Kulissen für den
Kauf- und Wegwerfrausch. Gnadenlos überfrachtet und bemalt.
Galerie Meyer Kainer
(Eschenbachgasse 9)
John Bock
Bis 23. Februar
Di. bis Fr. 11 bis 18 Uhr
Sa. 11 bis 15 Uhr
Fürchterlich potent.
Galerie Gans
(Kirchberggasse 4)
Intermezzo I – Porträt
Bis 11. März
Di. bis Fr. 11 bis 18 Uhr
Sa. 11 bis 16 Uhr
Heterogen.
Artefakt
(Strauchgasse 2)
Georg Petzer
Bis 17. Februar
Mo. bis Fr. 13 bis 18 Uhr
Galant uncharmant.
Krobath Wimmer
(Eschenbachgasse 9)
Anna Meyer
Bis 25. Februar
Di. bis Fr. 13 bis 18 Uhr
Sa. 11 bis 15 Uhr
Manischer Overkill.
Mittwoch, 15. Februar
2006