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kunstraum
Richard Nonas machte sich seinen Namen in den frühen
Siebzigern als Mitbegründer der Anarchitecture-Group. Mit Gordon
Matta-Clark, Laurie Anderson, Trisha Brown und anderen gilt er als
wichtiger Initiator der New Yorker Kunstszene. Als ausgebildeter
Anthropologe lebte er überdies auch eine Zeitlang bei den
Papago-Indianern. Eine tragende Rolle spielt dieses Wissen nun in seiner
aktuellen Schau, deren Arbeiten allesamt frisch aus dem Atelier kommen.
Hauptarbeit sind fünf Boden-Skulpturen. Wie die reduktiven
Masken-Skulpturen an den Wänden sind sie aus Bauholz aus dem
18. Jahrhundert. "Fallen" nennt Nonas sie, und ergänzt sie quer durch
den Raum mit starken, in Rot und Schwarz gehaltenen Kreide-Diptychen, die
an Schamanen, Idole oder einfach an wolfartige Wesen erinnern. Intimer
Höhepunkt der Schau ist eine Gruppe aus winzigen Wachsfiguren auf
doppelten Podesten. Damit kommt erstens die alte Sockelproblematik wieder
aufs Tapet. Vor allem aber wird die Rolle des Kunstwerks als ultimativer
Fetisch überzeugend bestätigt (VII., Breite Gasse 17; bis 3. Mai).
FEICHTNER & MIZRAHI: TRACHT
Pointer und Wachtel, Kojote und Schaf, Labrador mit
Stockente. Ungewohnte Paarungen, die die junge Deborah Sengl da auf die
Leinwand bannt. Alle stecken in Trachten, sei es in ländlichen wie dem
Steirer, ethnischen wie der Leinen-Tunika oder urbanen wie dem Sweatshirt.
Das Schaf verwandelt sich gar zum Wolf. Dolly, geklonte, sei selig! Dass
sich die Köpfe als Maske erweisen beziehungsweise die Kleider als Kostüm,
treibt das Verwirrspiel nur voran. Maske, Kostüm, Verwandlung werden zur
Bedrohung, decouvrieren eine verharmloste Täter-Opferbeziehung. In
Zeichnungen und Collagen, teils aus Pornoschnipseln, dreht Sengl die
Schraube weiter und visualisiert Redensarten: wilde Hummel, alter Hase.
Geile Stute, toller Hecht. Tief schürfendes Sampling, sehr witzig, aber
das Lachen bleibt im Hals stecken. (I., Seilerstätte 19; bis 26. April)
HOHENLOHE & KALB: ARCHAISCH
Nausikaa. Kirchenkalk. Zwei nackte Wörter umreißen das
Spannungsfeld, aus dem Martha Jungwirths neueste Büttenpapier-Aquarelle
entstanden sind. Kirchenkalk: ein karges Weiß als Grundierung, um
Wasserfarbe und Papier voneinander abzusperren und so auf ihre eigene
Materialität zu reduzieren. Und Nausikaa: Königstochter, eine der Vielen,
denen Odysseus begegnete. Nicht, dass die Story von der griechischen
Jungfrau für das Verständnis ausschlaggebend wäre. Doch verleiht sie den
Arbeiten, die sich dem flüchtigen, Abstraktion orten wollenden Blick
widersetzen, eine Ausrichtung: Nausikaa verschafft Zugang zu einem
archaisch-mythischen Raum, der die Qualität dieser Arbeiten ausmacht. Nur
eins sei dem Interessenten mitgegeben: Gehen Sie in die Knie! Betrachten
Sie die Bilder von unten! Sie hängen viel zu tief über dem Boden. Ein
plumper Gag, auf den die Galerie besser verzichtet hätte. (I.,
Bäckerstraße 3; bis 25. April) Johanna Hofleitner
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