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vom 24.02.2005 - Seite 021
Islam-Ängste, Patriotismus und religiöse Symbolik thematisiert die AES-Group (li.), die umstrittene Abschiebepolitik Silke Wagner Fotos: irju

Amüsement mit scharfer Botschaft

Linzer Kunstmuseum Lentos. Obergeschoß, linke Raumflucht. Hier wird morgen, Freitag, 19 Uhr, die neue Ausstellung "Just do it"eröffnet. Kuriose Verfremdungen von allseits bekannten Objekten oder Logos als politische Auseinandersetzung.

VON IRENE JUDMAYER

Ein überdimensionierter, aufgeblasener Nike-Schuh liegt im Lentos-Foyer. Olaf Nicolai schuf diesen "Big Sneaker", der die überlebensgroße Ideologie, die allumfassende Macht sogenannter "Global Player" persifliert.

"Die ästhetische Strategie ist, sich Vorhandenes anzueignen und in einen neuen Zusammenhang zu stellen" - so erklärt der Berliner Kurator Raimar Stange den Titel "Just do it! Die Subversion der Zeichen von Marcel Duchamp bis Prada Meinhof". Stange hat gemeinsam mit Florian Waldvogel und Thomas Edlinger die aktuelle Präsentation kuratiert.

Eine Präsentation, in der es um "Culture Jamming" gehe, was soviel bedeute wie eine künstlerische Strategie des zivilen Ungehorsams und der Störungen. Dazu der Frankfurter Kurator Florian Waldvogel: "Culture Jamming ist für unsere Zeit das, was die Bürgerrechtsbewegung für die 1960er, der Feminismus für die 1970er und die Umweltschutzbewegung für die 1980er bedeuteten." Doch diese Art des zivilen Ungehorsams lässt sich quer durch die Kunstgeschichte zurückverfolgen.

Auch der Bogen der Ausstellung spannt sich vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis ins Jetzt. Es war anno 1919, als Marcel Duchamp Leonardo da Vincis berühmter "Mona Lisa" ein Schnurrbärtchen aufmalte und in Kombination mit einem schlicht darunter gekritzelten "L.H.OO.Q" (phonetisch: "Elle a chaud au cul" = ihr ist heiß am Arsch) u.a. die Homosexualität da Vincis ironisierte.

Ein Werk, das symptomatisch ist für den Inhalt der Präsentation: Hier vereint sich Amüsement mit scharfer Botschaft, bestens geeignet für politisch und ikonographisch wache Köpfe. Aufgrund der Lentos-Raumaufteilung scheint sie nur etwas zu klein geraten (Lesen Sie dazu den Kommentar).

Die Auswahl aus dem reichen Fundus dieser Thematik ist jedenfalls gelungen. Zu finden sind Sujets vom virtuosen Collagierer John Heartfield, von Jeff Koons, Andy Warhol, Tobias Rehberger. Zu sehen ist auch Silke Wagners "bürgersteig", der die deutsche Abschiebepraxis und die Komplizenschaft mit der Lufthansa anprangert. Die Lufthansa verlor übrigens einen 2002 deswegen angestrengten Prozess vor dem Landgericht Frankfurt.

Zu sehen sind frühe Arbeiten Peter Weibels ebenso, wie Interventionen der feministischen Gruppe "Guerilla Girls". Ein Werk der Warhol-Attentäterin Valerie Solanas ebenso, wie Bruno Peinados Michelin Männchen im Afro Look.

Exzellente Wortspiele reihen sich nahtlos an Objekt-Verdrehungen und Bildmontagen. "Just do it" hätte in der Brisanz seiner Inhalte viel mehr Platz verdient und auch benötigt.

Info: 0732-7070-3602

Begleitprogramm

·ÊMit "Gustav" am Abend und Symposion tagsüber: Los geht's am 26. Februar, 10.30 Uhr, im Lentos mit einer Einleitung des Kurators Thomas Edlinger, Referaten zum Thema und einem Runden Tisch um ca. 16.45 Uhr.

Ab 18 Uhr zeigt das Linzer Programmkino Moviemento Filme von Jem Cohen, Achternbusch und He Jianjun. Ab 22 Uhr DJ-Programm im Beluga-Club (Untere Donaulände 9) und der Sängerin "Gustav".


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