Salzburger Nachrichten am 28. März 2002 - Bereich: kultur
Beinah nützliche Objekte

Der Amerikaner Richard Artschwager regt im Wiener Museum für Angewandte Kunst auf ironische Weise zum Nachdenken über Gebrauchsgegenstände an.

JANA WISNIEWSKI

Richard Artschwager ist in der Kunstwelt in erster Linie durch Objekte präsent, die mit Nützlichkeit und Nutzbarkeit spielen. Was er zeigt, könnten beispielsweise Mö-bel sein. Wichtig ist, was dahinter steht: Die Betrachter werden zu einer geistigen Nutzung eingeladen. Artschwager fordert mit seinen Skulpturen und Objektinstallationen eine Sensibilität ein, die im Umgang mit den alltäglichen Dingen leicht verloren gehen kann. Er klopft sozusagen an die Tür und fragt: Wie wäre es, wenn . . .? Und damit lässt er dann den Betrachter allein.

Mit der Kunst stellt Artschwager weit eher Fragen, als dass er Antworten gibt. Das wirkt animierend. Er spielt als Künstler nicht den besser wissenden Lehrer, sondern jemand, der Türen öffnet, die man aber auch schließen kann, will man dort nicht hineinsehen.

Für die Ausstellung im Wiener Museum für Angewandte Kunst (MAK) haben sich Künstler und Ausstellungsinstitut ein großes Thema vorgenommen. "Der hydraulische Türschließer" bezieht sich konkret auf eine Arbeit, dar-über hinaus aber auf die Möglichkeit, Türen zu öffnen und zu schlie-ßen und letztlich auf die Resonanz zwischen zwei Zuständen: offen/geschlossen.

Sein Fragezeichen - ein Objekt - hat mehrere Punkte. Seine Bürsten - auch Objekte - sind reichlich groß, stehen für sich. Sollen sie signalisieren, dass Sauberkeit als selbstverständliche Größe zu nehmen ist? Stufen führen auf fragile Trassen, die kaum begehbar sind und bei einem Tropfenobjekt enden. Manchmal ist ein Sitzobjekt auch wirklich "besitzbar", daneben stehen jede Menge Kisten, fein poliert und für sich selbst sprechend - was braucht es da noch Inhalt?


Der Künstler ist
ausgebildeter Tischler

Der routinierte Umgang mit Furnieren, die handwerklich professionelle Ausführung der Objekte erklärt sich aus Richard Artschwagers Vergangenheit als Tischler mit eigener Werkstatt. Sein vorzügliches Deutsch (er ist ja Amerikaner) erklärt sich durch seine Herkunft. Sein Vater war ostpreußischer Botaniker. Sein schräger Humor und seine Lebensweisheit könnten ein Erbteil seiner Mutter sein, einer ukrainischen Künstlerin. Der multikulturelle Mix hat sich in einem Hang zum Materialmix niedergeschlagen, mit dem der Künstler zu weltweiter Geltung gelangte.

Artschwager hat eine Nische gefunden, die er so professionell besetzte, dass daneben nicht viel Platz hatte. Neben der fragwürdigen Nutzbarkeit hat er noch fragwürdige Größenverhältnisse ins Spiel gebracht und, last not least, fragwürdige Muster (Furniere).