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„Die Künstler nehmen sich wieder mehr Zeit“

07.05.2009 | 16:47 |  (DiePresse.com)

Rahmenprogramm. Christoph Thun-Hohenstein, Geschäftsführer von departure, über das Rahmenprogramm der Viennafair und Überlegungen zum Kunststandort Wien.

Auf der Viennafair gibt es Kunst nicht „nur“ zu sehen. Nein, hier wird Kunst auch gelebt: Hier wird vorgetragen, diskutiert, hier werden Kontakte geknüpft. Dafür sorgt ein umfassendes Rahmenprogramm – mit ein Grund, wieso die Messe bei Besuchern und Sammlern so beliebt ist. So gibt es jeden Tag in der departure-lounge verschiedene Vorträge – über Kunst, Künstler oder den Kunstmarkt. Dabei stehen international renommierte Kunstkritiker, Kuratoren und Museumsdirektoren auf dem Podium. Es diskutieren Michael Kimmelman (Kunstkritiker, „The New York Times“, New York, und Leiter des Europabüros in Berlin), Victor Misiano (Kurator and Kunstkritiker Moskau/ Italien) und Iwona Blazwick (Direktorin, Whitechapel Art Gallery, London) mit departure-Chef Christoph Thun-Hohenstein über „All art isn’t global yet“: „In den letzten Jahren gab es die Tendenz zu einem Einheitsbrei in der Kunst. Man hat Kunst gemacht, von der man wusste, dass sie global Anklang findet“, so Thun-Hohenstein. „Dieser Trend hat sich abgekühlt – und das ist gar nicht schlecht. Denn die Künstler nehmen sich wieder mehr Zeit, um gute Kunst zu machen – und besinnen sich auf Lokales und Regionales.“ In der Diskussionsrunde werden deshalb folgende Fragen aufgeworfen: Gibt es einen neuen Fokus auf kulturelle Vielfalt und regionale Bezugnahme in der zeitgenössischen Kunst? Und welche Auswirkungen könnte dies auf die lokalen europäischen Kunstszenen haben? Warum zeigen russische Künstler unterschiedliche Kunstwerke in Russland und im Ausland? Und warum sind nationale Ausstellungen nach wie vor die häufigste Präsentationsform für zeitgenössische Kunst?

Unterschiede zwischen Europa und Asien

Weitere Diskussionen widmen sich „Fractured Narratives“, „Blurred Boundaries Between Museum Curating and Gallery Practice“ oder „From Europe to Asia and Back, Again“. Außerdem wird der Siegertext des „Art Critic Award 2008“ und Christoph Webers Buch „The First Minutes of October“ in diesem Rahmen präsentiert.

Aber auch einige Wiener Galerien bieten ein Begleitprogramm zur Messe. Konzipiert wurde dieses ebenfalls von departure. Im Rahmen des Projekts „curated by_vienna09“ haben erstmals vier Gruppen von Wiener Galerien mit renommierten internationalen Kuratoren gemeinschaftliche Ausstellungen erarbeitet. Diese eröffnen während der Viennafair am 8. Mai 2009 und werden bis 6. Juni 2009 zu sehen sein. „Wir haben uns mit den Galeristen überlegt, was wir tun können, um dem Standort Wien zusätzliche Attraktivität zu verleihen, um internationale Sammler herzubringen und um zu zeigen, dass es hier eine spannende Kunstszene gibt,“ schildert Christoph Thun- Hohenstein die Beweggründe für „curated by_vienna09“.

Die Herausforderung bei dem Projekt: Der Kurator muss ganz unterschiedliche Künstler und Stile so kombinieren, dass ein Spannungsbogen geschaffen wird. Gianni Jetzer (Direktor Swiss Institute Contemporary Art, New York) hat etwa gemeinsam mit den Galerien Engholm Engelhorn, Georg Kargl Fine Arts, Christine König und Gabriele Senn die Schau „Beginnings, Middles, and Ends“ zusammengestellt. Darin geht es um das lineare und das Nichtlineare in der Kunst. Ausgestellt sind etwa Bilderfolgen, abstrakte Formen, Filmsequenzen, einzelne Wörter oder ausnahmsweise ganze Sätze, die bloß Andeutung sind und trotzdem auf ein nichtvorhandenes Ganzes verweisen.


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