Salzburger Nachrichten am 13. Mai 2003 - Bereich: kultur
Leuchtkörper an der Donau

Das Linzer Kunstmuseum "Lentos" wird am Sonntag eröffnet. Nicht nur das Gebäude strahlt, auch alle Verantwortlichen - vor Stolz auf das Geleistete.

WERNER THUSWALDNER

Die Linzer seien sehr skeptisch gewesen, als sie an der Donau, nahe der Nibelungenbrücke, ein, wie zu vermuten war, Betonungeheuer heranwachsen sahen. Inzwischen aber ist die Skepsis in klare Befürwortung, bei nicht wenigen sogar in Begeisterung umgeschlagen. Zu den Begeisterten gehört Bürgermeister Dobusch. Er freut sich dar-über, dass der wie eine Brücke - andere sagen wie ein Schiff - am Ufer lagernde Baukörper einen entschiedenen neuen Akzent in der Stadtlandschaft setzt.

Das dreigeschossige Gebäude spart auf 60 Meter Länge das Erdgeschoss aus. Der Freiraum dient nicht nur als Skulpturengarten, er erlaubt auch den Durchblick auf den Fluss und auf das Ufer von Urfahr. Die Fassade, bedeckt mit einem sich wiederholenden Schriftzug, spiegelt die Umgebung und reagiert auf differierende Lichtverhältnisse. Was viele besonders entzückt: Sie leuchtet nachts. So kann sich das Erscheinungsbild des "Lentos" chamäleonartig wandeln und das Bauwerk führt sich selbst wie ein Kunstwerk auf.

Linz hat mit dem "Lentos" die in Österreich bedeutendste Kunsteinrichtung außerhalb Wiens hinzugewonnen. Das Profil als Kulturstadt ist damit noch viel deutlicher zu erkennen. Parteiübergreifender politischer Wille hat dazu geführt. Architektonisch, städtebaulich und inhaltlich ist hier etwas Beispielhaftes gelungen. Der Bund hat der Stadt in Bezug auf dieses Vorhaben übrigens die kalte Schulter gezeigt. Das Land Oberösterreich hat sich finanziell beteiligt und ein Zehntel der Kosten haben Sponsoren aufgebracht. Die Attraktivität des "Lentos", so rechnen die Betreiber, wird das Interesse von Sponsoren auch weiterhin wach halten.

Das Kunstmuseum ist vor allem Heimstätte für eine gewichtige Sammlung. Sie war bisher - seit 1979 - in dem Gebäudekomplex "Lentia 2000" nur sehr unzulänglich untergebracht. Jetzt kann sich Direktor Peter Baum gehörig ausbreiten und er nützt die Eröffnungsausstellung, die bis November zugänglich bleibt, dazu, um einerseits die Stärken des Hauses zu demonstrieren und andrerseits Spitzenwerke der Sammlung zu zeigen, von denen gar nicht wenige noch nie zu sehen gewesen sind, weil die beengten Verhältnisse den manchmal riesigen Formaten nicht gewachsen waren.

So artet jetzt der Rundgang in ein Schwelgen in fast unbegrenzten Möglichkeiten aus. Von oben einfallendes, gebrochenes Naturlicht sorgt für optimale Bedingungen. Die Grundfläche des obersten Geschosses ist in zwei Sektionen geteilt. Die eine, 40 Meter lang und 21 Meter breit, kann für Sonderausstellungen genützt werden, die andere besteht aus einer Abfolge von elf untereinander verbundenen kleineren Galerieräumen.

Peter Baum hat eine traditionelle Präsentation gewählt, indem er einzelne Räume bestimmten Themen zuordnete: Landschaft, Porträt usw. Innerhalb dieser Themen stellt er aufs Sensibelste Bezüge über die Jahrhunderte hinweg her. Natürlich hält er mit den Schätzen der Sammlung - dazu gehören Hauptwerke von Klimt, Schiele, Kokoschka und Werke des deutschen Expressionismus - nicht hinter dem Berg. Die Stilrichtungen Informel und Abstraktion haben eigene Räume und eine Galerie ist dem bedeutendsten oberösterreichischen Künstler gewidmet: Herbert Bayer, dem Bauhaus-Lehrer, der nach seiner Emigration in den USA große Karriere gemacht hat.

Die Vernetzung der Institutionen ist wichtig

Die österreichische Nachkriegskunst ist hier aufs Beste dokumentiert. Es ist deutlich zu sehen, dass durch die Jahre hindurch klug gesammelt worden ist. Dem Spiel der Bezüge nachzugehen, das mit der Hängung und der Aufstellung einiger Skulpturen inszeniert wird, ist von besonderem Reiz.

Zur Eröffnung ist ein mehrere Kilo schwerer Bestandskatalog der Malerei erschienen. Kataloge für die Grafik und die Skulpturen werden folgen. Der für die Kultur zuständige Vizebürgermeister Dyck erklärte am Montag anlässlich einer Vorbesichtigung, dass die Stadt großen Wert auf die Vernetzung der Kultureinrichtungen lege. Es war auch zu erfahren, dass das bisherige Gesamtbudget in der Hö-he von rund 1,2 Millionen Euro verdoppelt wird.