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"art forum berlin": Kunst für breites Publikum

09.10.2010 | 18:01 | von Sabine B. Vogel (Die Presse)

Am Sonntag endet die internationale Kunstmesse "art forum berlin", die 40.000 Gäste ins Messegelände gelockt hat. Braucht Berlin eine Kunstmesse?

Braucht Berlin eine Kunstmesse? Diese Frage hört man immer wieder. Reicht nicht das „Gallery Weekend“ und ähnliche Anlässe, um den Kunstmarkt der bundesdeutschen Hauptstadt anzukurbeln? Mit der Eröffnung des diesjährigen „art forum berlin“ ist die Antwort jetzt klar: Diese Messe ist wichtig. Denn so überzeugend die gemeinsamen Wochenenden der Galerien sind, so wenig können sie doch diese bunte Schar von Gästen anlocken, die jetzt durch die Messegänge schlendern. 40.000 Besucher wurden erwartet, darunter das geladene Eröffnungspublikum, aber auch täglich mehrere Schulklassen – der Schritt in eine Messe fällt noch immer leichter als in die stillen White-Cube-Räume der Galerien.

Und was geboten wird, bestätigt die Entscheidung einer Kunstmesse für Berlin noch weiter. Denn das „art forum berlin“ setzt auf Konzentration. Nur mehr 110 statt vorher 130 Galerien sind zugelassen, verteilt auf nur noch zwei statt drei Hallen. Dafür ist der Sektor „Focus“ jetzt dank der unkonventionellen Standarchitektur des britischen Büros Spread Design perfekt (als Inseln) mitten in die Hallen integriert. Leicht schräg gestellt und ohne Teppichboden zeigen die 26 Galerien ein durchwegs überzeugendes, junges Programm, lassen auch mal Wände unbenutzt und geben den erfreulich vielen Skulpturen großzügig Raum.

Neu ist auch die – günstigere – Variante der Einzelpräsentationen. 17 Galerien entschieden sich dafür, darunter auch drei aus Wien: Nächst St. Stephan mit Isa Melsheimer, Krinzinger mit Martin Walde und Insam mit Peter Weibel. Yvon Lamberts Installation von Douglas Gordon aus Videos, sechs Vitrinen und Feuerzeichnungen konnte sofort für 500.000 Euro an einen Schweizer Sammler verkauft werden. Aber solche hochpreisigen Verkäufe sind die Ausnahme. Die meisten Werke gingen in der Spanne zwischen 5000 und 50.000 Euro weg, Ralf Ziervogels filigrane Zeichnungen für 3000 Euro (Galerie Arndt) oder auch alle drei Editionen von Jeppe Heins „Dreidimensionaler Kreis“ für je 50.000 (Johann König). Zu entdecken gibt es immer etwas, aber Trends können keine abgelesen werden, denn: „Der Trend ist, dass es keinen Trend gibt“, erklärt Peter Vetsch, seit 2009 zusammen mit Eva-Maria Häusler Messeleiter des „art forum berlin“. Das bestätigt sich auch auf der kleinen Satellitenmesse „Preview“. Schön übersichtlich zeigen 60 Galerien in Halle 2 des aufgelassenen Flughafens Tempelhof ihr Programm, das von kleinen Farbflächen des legendären Popliteraten William S. Burroughs (Galerie Riflemaker, London, für 4000 Euro) bis zu den verblüffend realistisch aussehenden, gesprayten Häusern auf Pappkartons von Evol (Wilde Gallery, Berlin, ab 7000 Euro) reicht.

Was auf beiden Messen allerdings noch fehlt, ist die geballte und einzigartige globale Breite von Berlins Kunstszene. Warum dominieren noch immer die deutschsprachigen Länder statt dass – gerade in Berlin – diese Messen die rasanten Entwicklungen lateinamerikanischer, arabischer, asiatischer Kunst widerspiegeln? Das „art forum berlin“ sei „zu klein für exotische Galerien“, erklärt das Leitungsduo Vetsch und Häusler. Schaut man sich allerdings nicht das elitäre geladene, sondern das junge Messepublikum an, so kann schon längst nicht mehr von „exotisch“ gesprochen werden. Da ist der Mut der Galerien gefragt. Und auch dafür braucht es eine Kunstmesse in Berlin.


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