Der graue Maßanzug sitzt angegossen, die blonden Haare
sind in strenger Ordnung. Die Schuhe glänzen. Eine lang durchgehaltene
Inszenierung wird zum Label. Heimo Zobernig will über seine Kunst nicht
sprechen. Zobernig will seinen Bildern, Skulpturen, Installationen auch
keine Titel geben. Alles offen für etwaige Interpretationen. Das Logo:
Glätte. Fast rutscht man ab. Zum Anklammern bleibt eine Prise Witz,
trockener.
Mit einer Werkschau des 1958 geborenen Kärntners will ihn
das Museum moderner Kunst im Museumsquartier "einem breiteren Publikum
bekannt machen", wie es die für die Ausstellung - eine sogenannte "Mid
Career Survey" - zuständige Kunsthistorikerin Eva Badura-Triska ausdrückt.
Eigentlich ein Wunder, füllt die dem als Werkverzeichnis
angehängte Bibliographie und Ausstellungsliste doch vierzehn Seiten!
Zweimal war er Teilnehmer der Biennale Venedig (1999, 2001), zweimal wurde
er zu "documenta" eingeladen (1992, 1997). Und doch kennt das "breitere
Publikum" allenfalls seinen Namen, weniger sein Werk.
Zobernig ist so etwas wie eine Ikone der zeitgenössischen
österreichischen Kunstszene. Wer ihn kennt, kennt sich aus in den
Achterbahnen der Entwicklungen. Bezieht sich der stilsichere Herr in
seiner Kunst doch auf die Kunst anderer, meist der klassischen Moderne. So
entsteht ein Insidertum mit Beigeschmack, das allerdings - wie so oft -
nur eine Seite der Geschichte ausmacht.
Blonde Langhaarperücke
Seine Videos sind es, die in der Ausstellung die meiste
Lust machen. Zobernig mit blonder Langhaarperücke, der hemmungslos zu
Heavy-Metal-Musik tanzt, taumelnd über eine Wiese schwebt und einer
heimlichen Leidenschaft frönt: die Blasen in einer Luftpolsterfolie
zerdrücken. Köstlich die Szene, wo er mit Muki Pakesch, Bruder des
ehemaligen Galeristen, auf einer Couch sitzt, beide mit Sonnenbrille und -
natürlich - im Anzug: Jede Bewegung von Zobernig muß der andere kopieren,
so gut es geht, hektisch, unwillig, aber ohne Blickkontakt. Zwanzig
Minuten, in denen man glücklich in sich hineinschmunzeln darf.
Geglückt ist auch die Präsentation der 150 Werke, von
Zobernig selbst gestaltet: Trennwände, endlich einmal eine weiße
Video-Koje, Vitrinen. Alles luftig, hell, freundlich. Auf einer Gitterwand
hängen abstrakte Gemälde - "kritisch-ironische Infragestellungen der
Moderne" (Badura-Triska) wie auch die minimalistischen Skulpturen in der
anderen Raumecke. Auf einer schwarzen Wand wurde die Hängung von Zobernigs
Bildern in der Galerie Pakesch 1985 nachgestellt.
Mit Peter Pakesch hat seine Karriere damals begonnen. Und
nach Wien wandert die Werkschau auch weiter in die Kunsthalle Basel, die
Pakesch leitet. Letzte Station ist Düsseldorf.
Als "Kunst ohne Eigenschaften" wurde Zobernigs asketische
Arbeit einmal bezeichnet. Das trifft besonders auf seine räumlichen
Eingriffe wie den weißen Kubus zu, der sich als Verbindungsgang im
Foyer-Schacht des MUMOK spannt. Oder auch auf den Teil der Werkschau, der
den meisten Besuchern wohl unentdeckt bleibt: Im siebten Geschoß hat
Zobernig den Vortragsraum gestaltet: Schlichte weiße Sessel reihte er
streng aneinander. Kunst kommt eben doch von Kontext.
Bis 2. März 2003. Di. bis So. 10 - 18 Uhr, Do. bis
21 Uhr. Am 24. und 31. Dezember 10 - 16 Uhr.
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