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07.12.2002 - Ausstellung
Mit Witz gegen das hohle Quadrat: Zurück in die Zukunft
Heimo Zobernig stellt sein Werk im Wiener Museum moderner Kunst aus: Ein Ausblick auf Vergangenes.
VON ALMUTH SPIEGLER


Der graue Maßanzug sitzt angegossen, die blonden Haare sind in strenger Ordnung. Die Schuhe glänzen. Eine lang durchgehaltene Inszenierung wird zum Label. Heimo Zobernig will über seine Kunst nicht sprechen. Zobernig will seinen Bildern, Skulpturen, Installationen auch keine Titel geben. Alles offen für etwaige Interpretationen. Das Logo: Glätte. Fast rutscht man ab. Zum Anklammern bleibt eine Prise Witz, trockener.

Mit einer Werkschau des 1958 geborenen Kärntners will ihn das Museum moderner Kunst im Museumsquartier "einem breiteren Publikum bekannt machen", wie es die für die Ausstellung - eine sogenannte "Mid Career Survey" - zuständige Kunsthistorikerin Eva Badura-Triska ausdrückt.

Eigentlich ein Wunder, füllt die dem als Werkverzeichnis angehängte Bibliographie und Ausstellungsliste doch vierzehn Seiten! Zweimal war er Teilnehmer der Biennale Venedig (1999, 2001), zweimal wurde er zu "documenta" eingeladen (1992, 1997). Und doch kennt das "breitere Publikum" allenfalls seinen Namen, weniger sein Werk.

Zobernig ist so etwas wie eine Ikone der zeitgenössischen österreichischen Kunstszene. Wer ihn kennt, kennt sich aus in den Achterbahnen der Entwicklungen. Bezieht sich der stilsichere Herr in seiner Kunst doch auf die Kunst anderer, meist der klassischen Moderne. So entsteht ein Insidertum mit Beigeschmack, das allerdings - wie so oft - nur eine Seite der Geschichte ausmacht.

Blonde Langhaarperücke

Seine Videos sind es, die in der Ausstellung die meiste Lust machen. Zobernig mit blonder Langhaarperücke, der hemmungslos zu Heavy-Metal-Musik tanzt, taumelnd über eine Wiese schwebt und einer heimlichen Leidenschaft frönt: die Blasen in einer Luftpolsterfolie zerdrücken. Köstlich die Szene, wo er mit Muki Pakesch, Bruder des ehemaligen Galeristen, auf einer Couch sitzt, beide mit Sonnenbrille und - natürlich - im Anzug: Jede Bewegung von Zobernig muß der andere kopieren, so gut es geht, hektisch, unwillig, aber ohne Blickkontakt. Zwanzig Minuten, in denen man glücklich in sich hineinschmunzeln darf.

Geglückt ist auch die Präsentation der 150 Werke, von Zobernig selbst gestaltet: Trennwände, endlich einmal eine weiße Video-Koje, Vitrinen. Alles luftig, hell, freundlich. Auf einer Gitterwand hängen abstrakte Gemälde - "kritisch-ironische Infragestellungen der Moderne" (Badura-Triska) wie auch die minimalistischen Skulpturen in der anderen Raumecke. Auf einer schwarzen Wand wurde die Hängung von Zobernigs Bildern in der Galerie Pakesch 1985 nachgestellt.

Mit Peter Pakesch hat seine Karriere damals begonnen. Und nach Wien wandert die Werkschau auch weiter in die Kunsthalle Basel, die Pakesch leitet. Letzte Station ist Düsseldorf.

Als "Kunst ohne Eigenschaften" wurde Zobernigs asketische Arbeit einmal bezeichnet. Das trifft besonders auf seine räumlichen Eingriffe wie den weißen Kubus zu, der sich als Verbindungsgang im Foyer-Schacht des MUMOK spannt. Oder auch auf den Teil der Werkschau, der den meisten Besuchern wohl unentdeckt bleibt: Im siebten Geschoß hat Zobernig den Vortragsraum gestaltet: Schlichte weiße Sessel reihte er streng aneinander. Kunst kommt eben doch von Kontext.

Bis 2. März 2003. Di. bis So. 10 - 18 Uhr, Do. bis 21 Uhr. Am 24. und 31. Dezember 10 - 16 Uhr.



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