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Kunstberichte

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Na, alles senkrecht?

Aufzählung (cai) Wann endet die männliche Pubertät? Jedenfalls noch nicht mit 40. Oder ist sie beim Ronald Kodritsch einfach chronisch geworden (nur halt ohne Akne)? Da hätten wir einmal sein Frühlingsbild mit Gewitterwolke. Ach nein, Flatulenz ist ja gar nicht das Fremdwort für Frühlingslüftchen (obwohl "flatus" Hauch bedeutet und Lenz: der Frühling). Na ja, das dunkle Wölkchen, das da überm Hintern der Nackerten schwebt, gehört trotzdem zu einem Donnerwetter.

"Schaßvampir" (so der Titel des verdauungsproblematischen Werks). Und warum hat die Vampirin Blähungen? Aus humanitären Gründen? Ist sie also eine Vegetarierin , die nix als Bohnen isst und Knoblauch? Nein, viel banaler. Kodritsch: "Weißt eh, ich bin immer auf der Suche nach möglichst blödsinnigen Themen, die in der Malerei noch ned behandelt wurden." Nennt man das Selbstironie oder Ehrlichkeit? Schummeln tut er aber eindeutig bei der Größe von Batmans .. . Nase. Der Fledermann hat nämlich dieselbe wie Pinocchio, wenn der gelogen hat. Bloß hat er sie nicht im G’sicht . Aha: Batman und "Robin". Überhaupt schießen da die Erektionen wie die Schwammerln aus der Leinwand. Und alles ist eher lieblos hingerotzt.

Dann steht hier noch ein Dingsbums herum: "Cockhands." Zwei mutierte männliche Unterleiber haben Hände am Ende von ihrem Und-so-weiter und schütteln sich dieselben höflich. Ein Götzenbild für den Machismus? Eine plumpe Parodie auf übertriebene Männersolidarität? Hm. Dafür kriegt der Mag. pub. (Magister pubertatis) aber echt nur ein Sterndl. Okay, Lassie hat auch bloß eins (auf dem Walk of Fame).

Projektraum Viktor Bucher
Praterstraße 13/1/2
Ronald Kodritsch, bis 2. April
Di. – Fr.: 14 – 19 Uhr, Sa.: 10 – 14 Uhr

Die Liebe zum Gatsch

Aufzählung (cai)Zum Sadomasochismus sagt man ja jetzt politisch korrekt: Wellness. Diesen Praktiken setzt sich Erik Schmidt auch aus. Im Film "Bogged Down" (im Schlamm versunken), der einen mit seiner surrealen Stimmung in den Bann zieht. Wie eine Koproduktion von Kafka, den Gebrüdern Grimm und Pfarrer Kneipp. Erik Sch. begibt sich in die Natur und wird waschelnass. Jö, wie bei der Frau Holle. Der Weg in die mythische Welt führt durchs H2O. Freilich muss die Goldmarie in einen Brunnen , der Sch. nur in den Regen. Dann zwängt er sich wie Dornröschens Prinz durch eine Hecke, und in einem Kurhotel, so verschlafen, als hätte man dort 100 Jahre gedöst, unterzieht er sich kathartischen Ritualen (Wassertreten, Moorbäder...), bevor er in die Landschaft als Leiche eingeht, die der Boden schon fast absorbiert hat. Gesteht da ein Künstler der Materie seine Liebe, indem er sich in sie einbuddelt? In seiner Malerei, die trotz der fetten Farbschicht oft eine impressionistische Leichtigkeit hat, knetet er die Masse ja ebenso leidenschaftlich.

Galerie Krinzinger
Seilerstätte 16
Erik Schmidt: "Bogged Down", bis 3. April
Di. – Fr.: 12 – 18 Uhr, Sa.: 11 – 16 Uhr

Wir Bankoprimaten

Aufzählung (cai)Der Mensch ist ein Affe mit Bankomatkarte. Das ist offenbar die Theorie. Von Stylianos Schicho. Ein Gorilla hält den kleinen Unterschied zwischen den Affen und uns in der Hand, schaut in den Spiegel und zurück gafft ein Mann. Aha, so funktioniert die Evolution! Schichos markanter Realismus pendelt zwischen Klaustrophobie und Verfolgungswahn. Körper werden in Bodyscanner gezwängt, von Latexhandschuhen und einarmigen Banditen bedrängt. Und der Maler hat den penetranten Blick einer Überwachungskamera. Bilder mit paranoider Ausstrahlung.

Galerie Lukas Feichtner
Seilerstätte 19
Stylianos Schicho, bis 10. April
Di. – Fr.: 10 – 18 Uhr, Sa.: 10 – 16 Uhr

Printausgabe vom Mittwoch, 24. März 2010
Online seit: Dienstag, 23. März 2010 17:01:00

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