Terra obscura

Wo ist der Balkan? Hier nicht!


Auf die Suche nach Balkanien hat sich Kurator Peter Weibel für eine Ausstellung in der neuen Galerie Graz gemacht. Fündig ist er dabei nicht geworden. "Es gehört zum Wesen des Balkans, dass alle, die von außen betrachtet dessen Teile sind, von sich selbst behaupten, sie wären gerade kein Teil des Balkans mehr". Peter Weibel wendet diese Dialektik der Negation um sein Ausstellungsmotto daraus abzuleiten. Der Balkan wird zur Metapher für die dunkle Seite Europas, für alles, was Europa vorgibt, nicht sein zu wollen. Auch ich bin ein Balkanier.

Breiter Ansatz

Siebzig Künstler aus zehn Ländern vereint die Schau in der Neuen Galerie Graz. Einige sind alte Bekannte, wie die Gruppe Irwin, die meisten aber sind hier zu lande völlig unbekannt. Es entspricht auch nicht alles dem westlichen Kunstbegriff. "Der Balkan ist nicht nur eine terra incognita, sondern auch eine terra obscura", wie Weibel schon bei der Präsentation der Schau vor einigen Wochen pointiert formulierte.

Adrian Paci,
Adrian Paci, "Home to go"

Bemühung um Authentizität

Da gibt es Folkloristisches und religiösen Kitsch neben Installationen mit regelrechter Basaratmosphäre; politische Videos neben erotischen und Räume mit kroatischer Konzeptkunst neben Räumen, die die Bunker des albanischen Diktators Enver Hoxha thematisieren. "Wir haben Künstler ausgewählt, deren Ästhetik von uns hier im Westen gar nicht als Kunst wahrgenommen wird", beschreibt Peter Weibel seinen Zugang. Diese Unterschiede sollten nicht nur toleriert, sondern auch anerkannt werden, fordert Weibel. Gemeinsam mit den Ko-Kuratoren Roger Conover und Eda Cufer wollte Weibel so den "originalen Stimmen" einen Ort geben.

Politische Rahmenveranstaltung

Parallel zur Balkanausstellung findet in Graz derzeit die internationale Konferenz "Creative Europe" statt, an der u.a. die Kulturminister aus Ungarn, Slowenien, Serbien und Kroatien teilnehmen. Fragen der Kunst und Kultur im europäischen Integrationsprozess sollen behandelt werden. Arbeitskreise beschäftigen sich mit den Themen "Festivals und Musiktheater", "Film, Fernsehen und neue Medien", "Offene Kulturpolitik als Instrument der Demokratisierung" sowie "Kultur - Werbeträger und Imagefaktor".

Link: Neue Galerie

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