Das WUK Ljubljanas

Die Moderna Galerija Ljubljana fokussiert in ihrer Sammlung slowenische Konzept-Kunst. In Ihrer aktuellen Ausstellung lässt sie West auf Ost treffen und in einen Dialog treten.
Von Roland Schöny.


Ljubljana unternimmt zur Zeit verschiedene Anstrengungen, um sich als europäische Kulturstadt zu positionieren. Ende vergangenen Monats etwa wurde dort die Kunstschau Manifesta eröffnet. Damit geht diese in Rotterdam begründete Biennale zeitgenössischer europäischer Kunst, die immer an anderen Orten stattfinden soll, erstmals außerhalb der EU-Grenzen über die Bühne.

Dieses mit umgerechnet rund 13 Millionen Schilling Aufwand Gesamtbudget realisierte Kunstunternehmen in verschiedenen Institutionen Ljubljanas bedeutete für die slowenische Kulturpolitik vor allem internationale Promotion im Kunstfeld. Im Zuge der Manifesta Eröffnung wurde allerdings auch die bedeutende Sammlung so genannter Ostkunst der Moderna Galerija im Rahmen einer Großausstellung vorgestellt.

Zentrum für Alternativkultur

Zofia Kulik: Selfportrait with the Palace, 1990 (Zum Vergrößern anklicken)
Zofia Kulik: Selfportrait with the Palace, 1990 (Zum Vergrößern anklicken)
Die Moderna Gelerija befindet sich im Metelkova-
Komplex, dem Zentrum der Alternativ-Kultur von Ljubljana. Diese ehemalige Kasernenanlage der jugoslawischen Armee hat wesentlich mehr Bedeutung als in Wien etwa die Arena oder das WUK oder das UFA-Gelände in Berlin. Metelkova ist in Ljubljana praktisch jedem bekannt und und wurde zu einem Symbol für die Transformation der slowenischen Gesellschaft.

Anfang der 90er Jahre wurde das Arreal von Künstlern und Kulturaktivisten besetzt. Nach dem Abzug der jugoslawischen Armee aus der Kaserne forderte man die damals junge slowenische Regierung auf, die leer stehenden Gebäude für kulturelle Zwecke zur Verfügung zu stellen. Namhafte Künstler und Intellektuelle wie die Gruppe IRWIN oder der Philosoph Slavoj Zizek unterstützen das Projekt. Mittlerweile beherbergt der Metelkova Komplex nicht nur die bunte Alternativ-Kultur, sondern eben auch die Moderna Gelerija.

East meets West, again

Die Präsentation ihrer Sammlung so genannter Ost-Kunst war die eigentliche Überraschung in Ljubljana während der Eröffnungstage der Manifesta. In einem notdürftig gesäuberten Gebäudetrakt ist nun auf drei Etagen eine Großausstellung mit Werken von Marina Abramovic, Ilya Kabakov, Milan Knizak, Komar und Melamid, Vadim Fishkin und zahlreichen anderen so genannten Ostkünstlern zu sehen. Ergänzt wurde diese Ausstellung mit Werken bedeutender Künstler aus Westeuropa oder den USA, wie Joseph Beuys oder Jenny Holzer.

Die Kuratorin Zdenka Badovinac erklärt das Konzept hinter der Ausstellung: "Zum ersten Mal präsentieren wir hier slowenische Kunst und so genannte Ost-Kunst gemeinsam mit dem internationalen Teil der Sammlung. Anfang der 90er Jahre zum Beispiel haben wir Arbeiten von Anish Kapoor oder Christine Iglesias gekauft. Daher ist diese Ausstellung auch eine Dokumentation des Dialogs, den die slowenische Kunst mit anderen Strömungen geführt hat."

Mit roter Fahne im Schnee stehen

Oleg Kulik: The Red Room, 1999 (Zum Vergrößern anklicken)
Oleg Kulik: The Red Room, 1999 (Zum Vergrößern anklicken)
An dieser Ausstellung mit dem Titel "2000+, The Art-East Collection der Moderna Gelerija" fällt auf, dass hier offenbar versucht wurde, mit einfachen Mitteln ein hohes Ausmaß an Intensität zu erreichen. Zahlreiche Werke beziehen sich auf politische Symbole des Ostens, wie etwa eine Arbeit des Russen Oleg Kulik. In einem der Kasernenzimmer sieht man ein Video, auf dem Kulik im Schnee stehend die rote Fahne schwingt, während ihn zwei Hunde bedrängen und dazu hört man noch pathetische Chöre.

Jozef Robakowski: The Market, 1970 (Zum Vergrößern anklicken)
Jozef Robakowski: The Market, 1970 (Zum Vergrößern anklicken)
Aber auch frühe Video-Experimente werden vorgestellt, wie etwa eine Arbeit des Polen Joseph Robakowski, wo eine Marktszene im Zeitraffer und der Aufbau und Abbau der Stände zu sehen sind. Die Bildfolge wirkt wie ein Puzzle, das zusammengesetzt und wieder zerlegt wird. Künstlerische Arbeiten also, die fast dazu verführen, Klischeebilder von so genannter Ost-Kunst zu bestätigen: einerseits das Spiel mit politischen Symbolen, deren Bedeutungsgehalt verdreht wird, andererseits die scheinbare Beschränkung auf das Einfache.

Und es ist doch Ostkunst

Tatsächlich könne man von Ostkunst sprechen, so Zdenka Badovinac, doch sei das möglicherweise bald eine historische Kategorie: "Es handelt sich um einen geopolitischen Raum, der - wie ich hoffe - im Verschwinden begriffen ist. Aber kulturell betrachtet ist das ein wesentlicher Teil unserer Geschichte. Ich finde daher, wir sollten uns unserer Geschichte auch bewusst sein."

Bemerkenswert ist, dass hier eine große Sammlung in einem improvisierten Raum präsentiert wird. Denn es wird mindestens noch zwei Jahre dauern, bis dieser Teil des Metelkova Komplexes endgültig in ein Museum mit gestylten, weißen Hallen umgebaut wird.

Doch jetzt bereits wollte man auf die Geschichte der Sammlungs- und Ausstellungstätigkeit verweisen, erzählt Zdenka Badovinac: "Wir haben uns entschlossen, vor allem osteuropäische Konzept-Kunst zu sammeln. Wir wollen keine Enzyklopädie der osteuropäischen Kunst zusammenstellen. Das wäre unmöglich und ist auch uninteressant. Als wir überlegten, was wirklich wichtig ist, stellten wir fest, dass diese konzeptuelle Periode allgemein von großer Bedeutung ist."

Underground, bereits museal

Das Besondere an diesem entstehenden Museum sei, dass sich darin die Entwicklung der slowenischen Kunstszene spiegelt. Denn viele, die lange als Teil des so genannten Undergrounds galten, wie etwa die Gruppe IRWIN, haben längst etablierte Positionen an der Kunsthochschule.

Während die Stadt Ljubljana Anstrengungen unternimmt, die finanziellen Mittel zur Renovierung des Metelkova Komplexes zur Verfügung zu stellen, denkt die Kuratorin Zdenka Badovinac manchmal, dass man im Grunde auch alles so lassen könne. Die Moderna Galerija und der Metelkova Komplex, das sei ihr Fitzcarraldo-Projekt, der ewige Kampf um das Unmögliche in der slowenischen Hauptstadt Ljubljana, die alles daran setzt, Kulturmetropole nach westlichem Vorbild zu werden.

Tipp: Die Ausstellung 2000+ der Moderna Galerija im Metelkova Komplex von Ljubljana läuft bis 24. September.

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