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Museum will nicht geschluckt werden

Bei Punkt 10 der Vollversammlung des Vereins Tiroler Landesmuseum am Montag wurde es spannend: Hier ging es um Geld, Privatisierung und Restitution.

INNSBRUCK. Um die Restfinanzierung des Ferdinandeums hätte es bei dem Termin gehen sollen, den Josef Riedmann, Vorstand des Vereins Tiroler Landesmuseum, Direktor Gert Ammann und der Vorsitzende des Bauausschusses, Hubert Klingan, bei LH Wendelin Weingartner und Kulturlandesrat Günther Platter hatten. Denn wegen unvorhersehbarer Tatsachen - aber "vielleicht haben wir auch einfach nur schlecht kalkuliert" (Riedmann) - braucht das Landesmuseum noch 2,18 Mio. Euro für den derzeit laufenden Umbau. "Diese Situation hat das Land ausgenützt", so Riedmann, um in einem Atemzug mit den noch ausstehenden Mitteln den Wunsch des Landes nach der Gründung einer Gesellschaft zu deponieren, die das Landesmuseum, das Volkskunstmuseum, die Galerie im Taxispalais und evtl. die Hofburg unter eine gemeinsame Verwaltung stellen soll.

Die Gründung einer Kultur-GesmbH ist in Weingartners Regierungserklärung verankert und tauchte in den vergangenen Jahren immer wieder auf. Dass ihre Gründung nun aber indirekt im Zusammenhang mit den fehlenden Museumsmillionen ins Spiel kommt, führt zu einer massiven Verunsicherung vieler Mitglieder des Museumsvereins. Eine Punktation soll in den nächsten Tagen dem Museum vorgelegt werden, die möglichst schnell über die Bühne gehen soll. Ein Zusammenhang mit der Auszahlung des Geldes sei zwar nicht direkt ausgesprochen worden, ein Junktim aber unübersehbar, so Konrad Arnold, Mitglied des Inneren Museumsausschusses. Er findet es "empörend, dass organisatorische Weichenstellungen mit einer Finanzierungsfrage gekoppelt wird", so gehe man mit Partnern nicht um. Und schon gar nicht mit einem, der finanziell total vom anderen abhängig ist.

Museum bleibt Verein

Auf alle Fälle nicht zur Diskussion stehe die rechtliche Struktur des Ferdinandeums als Verein, so Riedmann. Er befürchtet allerdings Eingriffe eines externen Gremiums in die Interna des Museums, will aber auch Vorteile bezüglich Dotierung, Verwaltung bzw. Restfinanzierung nicht von der Hand weisen. Zudem sei das Land immer ein guter und verlässlicher Partner gewesen. Und auch "das Land ist interessiert, dass das Museum als hervorragendes Institut erhalten bleibt", zerstreut Christoph Mader, Chef der Kulturabteilung des Landes, die Befürchtungen zahlreicher Vereinsmitglieder.

Um Schadensbegrenzung ist auch LR Günther Platter bemüht. Von einem Junktim sei keine Rede, die Idee einer Kulturbetriebsgesellschaft absolut nichts Neues.

Die Gremien des Tiroler Landesmuseums wollen sich jedenfalls zeitlich nicht unter Druck setzen lassen. In einer außerordentlichen Vollversammlung soll diese wichtige Weichenstellung beraten werden. Denn "wir wollen nicht geschluckt werden, wären auch schwer verdaulich", so Riedmann.

Raubkunst

Ein weiteres heißes Eisen kam bei der montägigen Vollversammlung zur Sprache: Raubgut im Tiroler Landesmuseum. Noch bei der Pressekonferenz zum Jahreswechsel betonte Direktor Gert Ammann, sein Haus sei diesbezüglich absolut clean. Diese Aussage musste Josef Riedmann am Montag revidieren: 23 Objekte in musealer Verwahrung müssen einer Restitution zugeführt werden. Das spektakulärste ist ein Gemälde von Hans Maler von etwa 1510, das 1939 über eine Wiener Galerie erworben wurde und aus dem Besitz des jüdischen Sammlers Charles Neumann stammt. Aber auch vier gotische Gläser aus dem Nachlass von Oskar Bondi kamen 1947/48 als "Spende" an das Haus; ob diese unter Druck geschehen ist, muss noch eruiert werden. Restituiert werden müssen auch vier Gemälde aus der Jenbacher Sammlung Reitlinger; ein weiteres Bild aus dieser Sammlung ist bereits 1939 mit einer Berliner Galerie getauscht worden.

Reiner Tisch

Das Tiroler Landesmuseum will - "eingeholt von der Geschichte" - auf jeden Fall "reinen Tisch machen" (Riedmann), wenn die Feststellung der Eigentümer auch schwierig sei, viele rechtlichen Fragen geklärt werden müssten. Am 5. Juli wird der Engere Ausschuss des Museums über die Causa beraten.
2002-06-25 17:23:23