Salzburger Nachrichten am 13. Juni 2005 - Bereich: kultur
Ausstellung
Bei Habsburgs tut sich etwas. Kein Kind allerdings, auch kein Krieg, sondern Kunst.
In Wien unterhält die Kunstsammlerin Francesca Habsburg einen "Showroom"
ihrer aktuellen Sammlungstätigkeit, "TBA 21" in der Himmelpfortgasse. Und
dieser ist seit kurzem angefüllt mit Dingen, die Frau Habsburg neuerdings
zu ihrem Besitz zählt. "Puppets & Heavenly Creatures" heißt die
Ausstellung. Bei der Präsentation erwähnte Francesca Habsburg oft das Wort "konservativ". Damit wollte
sie sich davon abgrenzen, was man in der Kunst als "konservativ" versteht
und ihren auf das Moderne gerichteten Standpunkt betonen. Da sagen die
Objekte tatsächlich mehr als alle Worte: Dan Graham, Tony Oursler, Paul
McCarthy, Jason Rhoades, John Bock und Christoph Schlingensief sind ihre
Urheber. Keiner dieser Künstler hatte je die Absicht, sein Publikum in
Ruhe und Genuss verharren zu lassen. Francesca Habsburg hat sichtlich
Freude, dass es in ihren Räumen rundgeht. Anlass für diese Ausstellung ist die Aufführung der Puppen-Rock-Oper "Don't
trust anyone over thirty" von Graham, McCarthy und Oursler bei den Wiener
Festwochen. Dieses Projekt hat TBA 21 mitveranstaltet. In den Räumen in
der Himmelpfortgasse sind unter anderem die Vorarbeiten zu diesem Projekt,
Zeichnungen, Entwürfe zu sehen. In fünf Videos von Oursler wird die
Entstehungsgeschichte dargestellt. Die Radikalität von Grahams Entwurf
kommt in Ourslers Videos noch stärker heraus; die Puppen in Nahaufnahme
zeigen menschliche Züge - Wie raffiniert etwa ist das Liebesspiel
gestaltet! - oder berührend tierische, etwa bei der Beagle-Puppe, die sich
ständig kratzt und die Schnauze nah an die Kameralinse bringt. Die TBA-Show will trotz ihrer Komprimiertheit das kreative Umfeld zeigen, in dem
solche Arbeiten entstehen. Von McCarthy sind die Fotos aus der
hinreißenden Puppen-Serie "Picadilly-Circus" zu sehen. Darin hat der
Künstler lebensgroße Promi-Puppen nach "Spitting-Image"-Manier in einem
ehemaligen Bankgebäude in London in die peinlichsten Situationen gebracht.
Von Graham wird dessen bahnbrechendes Video "Rock my Religion" gezeigt, in
dem er die Rock-Bewegung der siebziger Jahre aufarbeitete. Im selben Raum laufen Tony Ourslers Videos "Synesthesia", in denen die Kamera stoisch
ruhig verwelkte Heroen der Punkrock-Generation der 70er und 80er Jahre
aufgenommen hat. Einen Raum weiter thront die Installation "Mi Saga, U
Saga" von Jason Rhoades: Ein Haufen von Wohlstandsmüll und
Medienprodukten, der eine Zeit der Betrachtung braucht, bis die Dinge
Kontur zeigen. Das erinnert an die Sortierarbeit, die jeder
Wohlstandsbürger zu leisten hat. Temporär hat sich TBA 21 auf den Dachboden des Gebäudes ausgedehnt. Man könnte
sagen: um die Nachbarn nicht zu stören. Denn dort tobt Christoph
Schlingensiefs Installation "Animatograph - Iceland Edition" vor sich hin,
ein Konglomerat von Videoprojektionen, Musik, wilder Text-Deklamation und
Objekten. Der Künstler gibt seinen Kommentar zu alten Mythen ab, wie er
sie im Umgang mit Wagners Parsifal erfahren hat und ihnen auf Island
begegnet ist. "Odin is coming", tönt es dem Besucher in einer Schleife
ekstatisch entgegen, oder "God loves you this morning" - ein neues Zeugnis
von Schlingensiefs Besessenheit von religiösen, metaphysischen
Themen.LASZLO MOLNAR TBA 21, Himmelpfortgasse 13, 1010 Wien, bis 29. Juli,
Mo.-Fr., 12 bis 18 Uhr. |