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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
26.06.2002
19:49 MEZ
Sender für Fakten und Ideen
Der Flakturm im Arenbergparkt könnte Kunstzentrum werden - ein Projekt, das den ganzen Stadtbezirk aufwerten könnte.

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MAK.at

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"Heavens's Gift - Contemporary Art Tower",
Ausstellung im Gefechtsturm Arenbergpark,
Wien 3, Dannebergplatz/ Barmherzigengasse,
26.6. bis 10.11.,
Do-So, 15-19 Uhr.

Bis 28.6. ist zwischen 21 Uhr und 1 Uhr früh eine Projektion Jenny Holzers an der Rückseite des Flakturmes zu sehen. Für Herbst ist ein Rahmenprogramm zu Projekt und Ausstellung in Vorbereitung.
 
Foto: MAK.at/ Théodore Coulombe, NY
"Model", 2000

Im Gefechtsturm im Arenbergpark wird bis 10. 11. "CAT" präsentiert: ein Modell, aus dem Relikt ein Kunstzentrum zu machen. Dies eröffnet Chancen, den ganzen Bezirk aufzuwerten.


Wien - Der dritte Bezirk hat ein Problem: die Landstraße, die dem devastierten Bahnhofskomplex Wien-Mitte entspringt und im urbanen Nirgendwo endet. An der Lösung des Ursprungsproblems wird gearbeitet: Bis 2005 soll ein Urban Entertainment Center mit insgesamt 17.600 Quadratmeter Baufläche bis in die recht unwienerische Höhe von 97 Metern ragen. Die Landstraße hätte dann ein Tor. Aber auch der Brückenschlag nach Erdberg könnte theoretisch bis 2005 getan sein.

Zwei Jahre etwa sollte es laut MAK-Direktor Peter Noever in Anspruch nehmen, aus dem Gefechtsturm im Arenbergpark "CAT" zu machen - den Contemporary Art Tower. Das Projekt tourt seit geraumer Zeit durch die Welt. Nach Präsentationen in New York, Los Angeles und Berlin wirbt "heavens gift" nun im Flakturm selbst um Financiers. Vermittels 22 Millionen Euro Adaptionskosten könnte Noevers "neue programmatische Strategie zur Präsentation zeitgenössischer Kunst" umgesetzt werden.

In Zusammenarbeit mit den Architekten Michael Embacher und Sepp Müller sowie dem Künstler des "entgrenzten Himmels", James Turrell, und der Medienkünstlerin Jenny Holzer wurde ein Modell erarbeitet, das belastete Stahlbetonrelikt bespielbar zu machen, ohne seinen Charakter als unverrückbares Mahn-mal infrage zu stellen - ohne kosmetische Maßnahmen in der Absicht, Geschichte aus dem Stadtbild zu tilgen. An der Brutalität des Gebäudes kann auch nicht gerüttelt werden. Dagegen aber, das Mahnmal als Ort zukunftsorientierter Fragestellung zu definieren, spricht nichts.

Mit 12.900 Quadratmetern Nutzfläche stünde einem Mix aus künstlerischer und (zumindest temporär notwendiger) kommerzieller Nutzung mehr Raum zur Verfügung als etwa dem Mumok im Museumsquartier. Inhaltlich sieht das Konzept vor, Künstler auf die Räume reagieren zu lassen, damit sie ebenso unverrückbare Installationen hinterlassen, wie das Gebäude selbst eine ist. Dadurch käme Wien, so Peter Noever, zu einer unvergleichbaren und "normal" auch nicht zu finanzierenden Sammlung von Gegenwartskunst.

Und der dritte Bezirk zu einer beachtlichen Attraktion samt Aussichtsplattform mit Restauration und Turrellscher Skybar. Ilya Kabakow tat den Anfang und spendete CAT seine Biennale-Installation aus Venedig. Jenny Holzer zeigt mit Projektionen bis 28. 6. (zwischen 21 und 1 Uhr früh) ihre Absichten, den Turm als Sender, als urbanes Zentrum für die Vermittlung von "Fakten und Ideen" zu nutzen.

Und noch eine Attraktion könnte - theoretisch - die Kulturschneise in den dritten Bezirk enorm aufwerten. Zieht man in Betracht, dass Wiens Planungsstadtrat Rudolf Schicker und die Bawag sich nicht auf eine Flächenwidmung für ein Designcenter vor dem Museumsquartier einigen können (Schicker bietet nur eine temporäre Nutzung auf zehn Jahre, die für die Bawag schon aus Bilanzgründen unannehmbar ist) und dass der Architekt für Wien-Mitte wie für das Designcenter Laurids Ortner heißt, ist die Vision eines längst überfälligen Zentrums für Design im oder beim Entertainment Center Wien-Mitte nicht gar so abwegig. Das MQ hätte damit nach dem Leseturm ein weiteres Symbol verloren, die Stadt mit der Achse MAK-Wien-Mitte-CAT kostengünstig einen Kulturbezirk gewonnen. (Markus Mittringer/ DER STANDARD, Printausgabe, 27.6.2002)


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