06.10.2003 19:21
Kraut und Rüben im Blumenbeet
Künstlerinnen von 1945 bis heute - Eine Ausstellung in der Kunsthalle
Krems bis 15. Februar 2004 - Foto
Krems - 160 Frauen also. Bekannte, vergessene. 160
Künstlerinnen, 160 "Positionen" von 1945 bis heute, quer durch die Generationen,
Techniken, Themen und Anliegen. Das ist ebenso zu viel wie zu wenig. Das gibt
Sinn als Katalogbuch. Als Nachschlagewerk nebst Kurzbiografien und
Referenzabbildung ziert das jeden Handapparat. Als Schau ergibt das bloß ein
Nebeneinander.
Ein vor allem üppiges Nebeneinander, ein Durcheinander.
Was auch soll das bringen? 160 Künstlerinnen, repräsentiert durch je 1,6875
Werke, und leider sagen die Kuratorinnen - Silvie Aigner, Brigitte
Borchhardt-Birbaumer, Christa Hauer und Elisabeth Voggeneder - noch dazu, fehlte
der Platz, um auch noch Schmuck, Design, Keramik und Mode
unterzubringen.
Staunen, Wundern, Kopfnicken
Leider auch
stellen sie in ihrem GemeinschaftsEssay fest, kommt vieles nicht oder nur am
Rande vor, die Steinbildhauerinnen etwa oder, oder, oder. Und zur jüngeren
Gegenwart herauf wird sowieso jede Selektion zwangsläufig beliebiger. Und also
bewältigt man/frau den Parcours als BetrachterIn in einem Mehrkampf aus
Wiedererkennen und Nachschlagen, Staunen und Wundern, Nicken und Kopfschütteln.
Am Schluss, in der großen Kremser Halle dann, hat man knapp sechs Jahrzehnte
hinter sich gebracht und kann sich, je nach Namensgedächtnis, informiert oder
nicht geben. Zum Namedropping wird es aber reichen, dafür, einzuwerfen, dass es
da ja wohl auch noch die oder die oder jene gegeben hat. Oft muss man aber
entschuldigend auch gleich anfügen, dass es von der oder der oder jener aber
bessere Arbeiten gibt.
Und so bestätigt die Ausstellung, was der Katalog
erst recht beweist: Sie war viel Arbeit. Und genau deswegen ist es schade, dass
die Schau daherkommt wie längst überwundene Tendenzen zur Jahresausstellung
ganzer Kunstvereine. Keine Gewichtung zu legen mag gerecht, keine großzügige
Weglassung zu wagen, menschlich verständlich sein, fassbar wird durch die
Nichtmethode aber keine der einzelnen Positionen.
Mimosen, Rosen,
Herbstzeitlosen
Und leichter wird es auch nicht, einen
historischen Vergleich zu ziehen, Korrekturen anzubringen, wenn man die Männer
ausspart. Dass wirklich viele BesucherInnen sich die, fallweise sicher zu
Unrecht bekannteren, Herrenreiter der Österreichischen Nachkriegskunst
dazudenken können, ist zumindest infrage zu stellen.
Dass der Titel
Mimosen, Rosen, Herbstzeitlosen dazu beiträgt, Vorurteile endgültig zu
beseitigen, ebenso. Auch wenn Kunsthalle-Krems-Direktor Tayfun Belgin im Vorwort
ausruft: "Welch ein poetischer Titel für eine Ausstellung!", und Christa Hauer,
die ihn erdacht hat, der Sinn nach Ironie stand, und Herbstzeitlosen durchaus zu
den giftigeren Gewächsen zählen. Bleibt, dass die Kuratorinnen reichlich
wertvolles Material zusammengetragen haben. Genug für gleich mehrere
konzentrierte Schauen, genug, die eine oder andere Korrektur zu fordern, in der
Erzählung von der Kunst nach '45. Bis 15. 2. (DER STANDARD, Printausgabe
07.10.2003)