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Kunstberichte

Die Ferne frischte die Farben auf

Ein Wiener in Peru: Das Museum Leopold zeigt eine Retrospektive zum 100. Geburtstag von Adolfo Winternitz
Illustration
- „Finale 1945“ von Adolfo Winternitz, im Leopold Museum zu sehen.  Foto: Leopold Museum

„Finale 1945“ von Adolfo Winternitz, im Leopold Museum zu sehen. Foto: Leopold Museum

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Die Ausstellung passt zum derzeit stattfindenden Lateinamerikagipfel, denn Adolfo Winternitz (1906 bis 1993) hat als Maler und Lehrer Spuren in seiner neuen Heimat Peru hinterlassen. Aber auch in Wien, wo er 1961 für die Ausführung von Betonglasfenstern für die Pfarrkirche am Gellertplatz zuständig war.

Während der Schau, genau am 17. Mai, wird die Österreichische Gesellschaft für Exilforschung ihr Buch "Vom Weggehen" präsentieren und ein Symposium, Kunst und Wissenschaft im Exil betreffend, abhalten.

Prägte Perus Malerei

Adolfo Winternitz gehört zu jenen assimilierten Wiener Juden, die zum Katholizismus übertraten. Freunde aus katholischen Kreisen ermöglichten ihm und seiner Familie auch die Flucht 1939 von Rom nach Lima. Dort gründete er die Academia de Arte Católico, an der er bis 1992 lehrte. Damit ist die Malerei in Peru über Generationen von ihm geprägt. Künstlerisch ist Winternitz anfangs als Schüler des charismatischen Karl Sterrer zu erkennen, der ihn schon im Alter von 15 Jahren in seine Malereiklasse an der Wiener Akademie aufnahm.
#Licht als Farbe

Sein Einfluss und der Stil der "Neuen Sachlichkeit" sollten ihn auch bis 1945 begleiten. Das gilt ebenso für einige interessante Selbstbildnisse mit Familie und Freunden. Die Dreißigerjahre verbrachte der Künstler in Italien, wo Landschafts- und Vedutenmalerei für ihn wesentlich wurden. In diesen Werken gibt es eine gewisse Nähe zu Eduard Bäumer und einigen Künstlern des Hagenbunds. Die neue lateinamerikanische Heimat, die er nur mehr wegen einiger Aufträge und Ausstellungen in Europa verlassen sollte, veränderte seine pastellige Farbskala langsam in glühendes Blau und Rot. Er kam dort nach einer expressiven Phase mehr und mehr in abstrakte Gefilde, was auch durch seine religiöse Einstellung gefördert wurde. Die visionäre Darstellung von Licht als Farbe beschäftigte ihn als Künstler und Pädagogen, außerdem blieben die vielen Glasfensterentwürfe an den französischen Klassikern Marc Chagall oder Georges Rouault orientiert. Dies entspricht auch seinem Engagement für eine internationale Gesellschaft katholischer Künstler, die er 1950 mit begründete.

Eine Annäherung an die Avantgarde nach dem Krieg gelingt freilich nicht mehr. Sein Spätwerk integriert Japanpapier in die Gegenstandslosigkeit und in subtilen Tusche- und Kugelschreiberzeichnungen kehrt er zu nächtlichen Stimmungsbildern zurück.

Winternitz ist zweifellos zeithistorisch spannend, eine Sensation für die Kunstgeschichte wie etwa Wolfgang Paalen, der nach Mexiko emigrierte, ist er jedoch nicht.

Ein Österreicher in Peru

Bis 7. August

Kuratoren: Silvio de Ferrari (Peru), Michael Fuhr (Wien)

Leopold Museum

Museumsplatz 1, 1070 Wien

Täglich 10 bis 18 Uhr

Donnerstag 10 bis 21 Uhr

Dienstag geschlossen

Pädagogisch.

Freitag, 12. Mai 2006


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