Kurz und sündig
(cai) Einem fremden Punschkrapferl die kandierte Kirsche zu
stibitzen, das könnte man zur Not ja noch als Kavaliersdelikt
durchgehen lassen. Als lässliche Sünde. (Hab ich auch schon
gemacht.) Aber einem parkenden Mercedes den Stern abzubrechen, das ist
ja so, als würd’ man einem arglos äsenden Hirschen das Geweih vom Kopf
reißen. (Das tun die Jäger wegen dem sogenannten "Geweihneid".) Denn
ein Mercedes ohne Stern ist praktisch impotent.
Piero Goliath, äh: Golia, hat gleich 27 Sternderl-Autos entmannt und
aus den Trophäen eine Kette gebastelt. Sich die umzuhängen muss ein
Triumphgefühl sein wie der Besitz einer Megapackung Viagra. Moment: 27
Sterne. Exakt so viele, wie das Hörbuch vom fünften "Harry Potter" CDs
hat. Das kann nichts anderes bedeuten als . . . hoffentlich nix. Und
wenn selbiger Golia an einem großen blauen Würfel Badezimmerarmaturen
montiert (in Zwergerlhöhe), hätte Dalí dafür sicher einen hübschen,
surrealen Titel gehabt. Zum Beispiel: "Unsichtbarer Pygmäe beim Melken
einer Brause". Was die Arbeiten dieser jungen Italiener in der Galerie
Engholm Engelhorn so charmant macht, ist, dass sie zwar gnadenlos
lapidar sind, aber geschwängert mit anekdotischer Poesie (na ja,
zumindest ein bissl schwanger).
Etwa Massimo Grimaldis Stummleben mit stiller Gitarre (die
zertrümmert unter einem niedergerissenen Zelt liegt). Eine
Elefant-auf-dem-Campingplatz-Fantasie? Wegen einem Trauma, in das
Lagerfeuergesänge verwickelt sind? (Ich stell mir zu Weihnachten ja
auch immer vor, wie ich meine Blockflöte vor den Zug werfe.) Doch das
Saftigste ist wohl Francesco Gennaris Baummumie. 2001 gefällt, riecht
die Zypresse noch immer ganz munter. Ein untotes "Duftbäumchen".
Metaphysische Romantik. Wundern tät’s mich nicht , wenn die
Zypresse sich zu Halloween plötzlich aufrichten würde, um sich
zombieartig zum nächsten frischen Grab zu schleppen. (Zypressen wurzeln
schließlich gern in Gräbern.)
Engholm Engelhorn Galerie
(Schleifmühlgasse 3)
Junge Kunst aus Italien
Bis 3. November
Di. bis Fr. 11 bis 19 Uhr
Sa. 11 bis 15 Uhr
Irgendwie romantisch.
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Den Kopf einziehen!
(cai) Sehr bekömmlich. Wer? Der Salat? Ja, der auch. Aber ich mein’
den Chris Johanson. Beziehungsweise seine unbekümmerte Art, Kunst zu
fabrizieren und abenteuerlich in der Gegend zu verteilen. Jetzt hat er
beim Kargl ein paar Stellwände errichtet. Viele, viele Farben sind da
drauf. Könnte man Fleckerlteppich-Optimismus nennen. Einen
Hindernis-Parcours aus Holzlatten hat er ebenfalls wild
zusammengezimmert. Dauernd muss man also aufpassen. Dass man nicht
stolpert oder sich den Kopf irgendwo anhaut. Wieso hat er die Eingänge
in die einzelnen Räume bloß so radikal verkleinert? Wahrscheinlich
damit wirklich nur das Kind in uns dort hineingeht und der Erwachsene,
der sowieso zu kritisch ist, draußen bleibt. Jedenfalls kommt man gut
gelaunt wieder heraus. Na ja, eine Rutsche geht einem schon ab. Und eine Schaukel. Ach ja: und eine Sandkiste.
Georg Kargl Fine Arts
(Schleifmühlgasse 5)
Chris Johanson
Bis 27. Oktober
Di. bis Fr. 11 bis 19 Uhr
Sa. 11 bis 15 Uhr
Was Handfestes.
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Augen zu und durch!
(cai) In der Auslage der Galerie Senn: ein Appell an unser
Schamgefühl. André Butzer und Marcel Hüppauff haben auf den letzten
Documenta-Katalog eine Botschaft gekritzelt: "Schämt euch!" Das
Manifest zweier narzisstisch gekränkter Künstler, die von Kassel schon
wieder ignoriert worden sind? Oder was Politisches? Tja, das ist noch
das Erbaulichste an dem Ganzen. Denn von den Ölbildern drinnen
(Genrebilder im Infantilstil und Fadesse im Piratenmilieu) haben
höchstens die Lösungsmittelschnüffler etwas. Weil die wenigstens auf
die Terpentindämpfe stehen.
Gabriele Senn Galerie
(Schleifmühlgasse 1)
Butzer und Hüppauff
Bis 25. Oktober
Di. bis Fr. 11 bis 18 Uhr
Sa. 11 bis 15 Uhr
Anspruchslos.
Mittwoch, 10. Oktober 2007