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Mathias Forberg: "Kunst ist keine Handelsware"

15.10.2011 | 18:21 | von Almuth Spiegler (Die Presse)

Er wuchs zwischen Bildern von Klee, Kandinsky, Picasso auf. 2007 gaben Mathias Forberg und seine Frau Eva die Sammlung seines Vaters als Leihgabe an die Albertina. Ab Freitag ist sie in einer Ausstellung zu sehen.

2007 übergaben Sie die Sammlung Ihrer Familie als Dauerleihgabe an die Albertina. Warum erst jetzt die Ausstellung?

Mathias Forberg: Es gab eine Vereinbarung mit Direktor Schröder, dass die Sammlung in einer Einzelausstellung gezeigt wird. Ich weiß allerdings gar nicht, ob man es überhaupt Sammlung nennen kann – sie hat nichts Programmatisches, nichts kunsthistorisch Definierbares, sie war immer nur persönlich geprägt. Mein Vater kam aus einer Künstlerfamilie, und es wurde das gesammelt, was man gerne um sich hatte.

Wie darf man sich das vorstellen – Ihre Kindheit zwischen all diesen Bildern von Klee, Kandinsky, Picasso, Max Ernst?

Bis ich ein Teenager war, habe ich mir keine Gedanken darüber gemacht, dass im Haus in Engadin, wo ich aufgewachsen bin, wertvolle Bilder an den Wänden hingen. Damals war der Kunstmarkt noch nicht das hysterische, überkandidelte Ding, das er in den 80er-Jahren geworden ist, als Banken und Versicherungen begannen, Impressionisten und Klassische Moderne als Wertanlage anzukaufen. Als meine Eltern in den 50er-Jahren in Düsseldorf zu sammeln begonnen haben, war das de facto noch zeitgenössische Kunst. Die Künstler lebten noch, die Kunst war in den 30er- und 40er-Jahren kaum zu sehen gewesen, weil sie von den Nazis verboten worden war, das war also erst der Beginn, dass diese Epoche in Privatsammlungen hineingekommen ist, zumindest in Deutschland. Es gab nur relativ wenige, die das schon vorher betrieben haben. Trotzdem hatte es für mich etwas Normales, Unspektakuläres. Heute kann man sich gar nicht mehr leisten, Kunst aus dieser Zeit zu Hause aufzuhängen. Es interessiert mich aber auch gar nicht so sehr, was die Bilder wert sind. Es ist Teil meiner Familiengeschichte und soll auch so erhalten bleiben.

Hat Sie der Hype um einen Teil Ihres Lebensgefühls gebracht, weil Sie jetzt nicht mehr mit der Kunst leben können?

Ich glaube, die Intention von Künstlern ist es, dass möglichst viele Menschen ihre Arbeit sehen. Ich empfinde es nicht als Verlust. Das Kind ist groß geworden und aus dem Haus gegangen und behauptet sich jetzt in der Welt.

Werden Sie weitersammeln?

Vielleicht. Wir waren die letzten Jahre intensiv damit beschäftigt, den Torso dieser Sammlung, den ich nach dem Tod meiner Mutter übernommen habe, wieder zu einem Ganzen zu machen. Jetzt ist die Sammlung übergeben an ein Museum. Vielleicht kommt in nächster Zeit etwas anderes. Es gibt gute und freundschaftliche Kontakte zu österreichischen Künstlern.

Dabei kommen Sie von der darstellenden Kunst, im Brotberuf sozusagen sind Sie erfolgreicher Filmproduzent (Prisma Film), begonnen haben Sie als Schauspieler.

Ja, 1982 bei Hans Gratzer im Schauspielhaus. Irgendwann hatte ich aber das Gefühl, dass meine Möglichkeiten begrenzt sind.

An welchem Film arbeiten Sie gerade?

Wir haben gerade einen Spielfilm von Florian Flicker nach Motiven von Schönherrs „Weibsteufel“ abgedreht. Dann machen wir zwei Kinodokumentarfilme – eine junge österreichische Regisseurin, Barbara Eder, macht eine Untersuchung über das Böse, porträtiert international anerkannte Kriminalpsychologen. Das andere ist der neue Dokumentarfilm von Erwin Wagenhofer, es geht um Bildung und vor allem, wie wir gebildet werden sollten.

Etwa im Museum?

Zum Beispiel! Das Gehirn stimulieren, Lust bekommen, etwas zu erfahren. Dieses reine Funktionsdenken gepaart mit Angst führt eher dazu, dass unser Hirn nur Teilleistungen erbringen kann.

Würden Sie heute Ihre Sammlung wieder der Albertina anvertrauen?

Ja. Die Bilder werden hervorragend betreut, wir werden konsultiert, wenn sie ausgeliehen werden sollen.

Betreuung, Depot, Versicherung – es gibt immer wieder Kritik an Leihgaben Privater an Museen, dass diese so uneigennützig nicht wären.

Natürlich wäre eine Schenkung auch möglich gewesen. Aber der Grundgedanke der Sammlung war immer, der nächsten Generation die Freiheit zu geben, dieses Lebensgefühl weiterzuführen oder auch nicht. Und diese Möglichkeit möchten wir auch unserem Sohn geben. Aber ich weiß, der Verdacht, dass eigennützige Motive dahinterstehen, ist nicht zu verhindern, besonders hierzulande nicht. Bei uns stecken aber tatsächlich keine dahinter.

Das sagen sie alle.

Ja, klar. Ich sage Ihnen jetzt, wie es wirklich ist: Wir haben die Absicht, die Bilder 15Jahre im Museum zu lassen – und sie dann mit so viel Gewinn wie möglich zu verkaufen.

Sie scherzen, aber das ist schon passiert.

Ja, aber es gibt, so unwahrscheinlich das auch klingen mag, tatsächlich Menschen, denen das Spekulative völlig fremd ist. Kunst ist für uns einfach keine Handelsware.


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