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Kunstberichte

Secession: Frances Stark, Jo Bear und Dave Allen loten Beziehungen zwischen Kunst, Musik und Literatur aus

Und ewig lockt die Spottdrossel

Die Kalifornierin Frances Stark collagiert - wie hier in „Oh God, I’m so embarrassed“ aus 2007 – Bild und Text nach Gombrowiczs Erstling „Ferdydurke“.  Foto: Pez Hejduk

Die Kalifornierin Frances Stark collagiert - wie hier in „Oh God, I’m so embarrassed“ aus 2007 – Bild und Text nach Gombrowiczs Erstling „Ferdydurke“. Foto: Pez Hejduk

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Drei Künstler bringen in der Secession nicht nur Literatur und Musik mit bildender Kunst in Verbindung, sondern reagieren auch stark auf die Räume des Wiener Kunsttempels.

Frances Stark aus Kalifornien wird zur heute breit vertretenen Bewegung eines romantischen Konzeptualismus gezählt. Sie collagiert Bild und Text nach dem 1937 erschienenen Roman "Ferdydurke" des polnischen Schriftstellers Witold Gombrowicz zu eigenen Bildformen. Beiden gemeinsam ist das Beharren auf freie künstlerische Praxis, wobei die Malerin eher mit ornamental verspielten Varietéfiguren agiert, während der Autor vom Maskenspiel spricht.

Die Schau im Hauptraum, "A Torment of Follies", ist wie ein Opernlibretto oder eine Bühne mit erstarrten Tänzerinnen lesbar. Viel Leerraum und reduzierter Materialeinsatz erzeugen bei einigen Tänzerinnen eine humorvolle Verspieltheit. Mit wenigen Stellwänden gelingt es Stark, die Dramatik der dreischiffigen Sakralarchitektur zu durchbrechen.

Weg vom Minimalismus

Poesie und Erzählung haben Jo Bear eingeholt: Seit den 1970er Jahren lebt die Amerikanerin, die anfänglich ganz minimalistisch malte, in Europa. Im Grafischen Kabinett kontrastiert die Künstlerin nun ihre harten, geometrischen Arbeiten der Sechzigerjahre mit ihren neuen Fantasiewelten der "radikalen Figuration."

Nächtlich, voller Eulen und Kobolde, mit Textzitaten versehen, und von Fantasy-Welten durchdrungen, bilden die heutigen Bilder einen Widerspruch zu ihrem früheren Bekenntnis zum Minimalismus. Dazwischen gab es flimmernd unscharfe Bilder zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit: Nebelig und poetisch kündigen sie bereits den Wendepunkt an.

In der Galerie macht Dave Allen aus Glasgow alte Mythen zu neuer Kunst. Dabei verwendet er bekannte Musikzitate wie Led Zeppelins "Stairway to Heaven" von 1971 für seine Dreikanal-Videoinstallation "Live Version". Sie stellen seine dilettantischen Versuche dar, die Melodie nachzuspielen und zu -singen.

Eine Tonaufnahme des Gesangs von Spottdrosseln nach Olivier Messiaens war "The mirrored Catalogue d’Oiseaux" von 2004 – hier wird diese Aufnahme zu "Near an open Window" adaptiert. Ein Lautsprecher auf der Kuppel der Secession beschallt nun die Umgebung mit dem auf Platte gepressten Drosselgesang. Damit sollen andere Vögel angelockt werden.

Klimts Hammer

Noch einmal bezieht sich der Künstler auf die Secession: Bei der Grundsteinlegung im Jahr 1898 gab es drei Hammerschläge vom damaligen Präsidenten Gustav Klimt. Der Hammer wurde später gestohlen. Dave Allen verbindet diesen Vorgang in der Toninstallation "Canon to the Hammer of the Gods" mit dem Mythos um den Hammer- und Wettergott Thor. Am 29. Mai wird es übrigens eine Performance geben, bei der er seine Methode des Sampelns fortsetzen wird.

Stark, Bear und Allen

Secession

bis 22. Juni

Performance von Allen:

Do, 29. Mai, 18.30 h

Montag, 28. April 2008

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