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25.10.2003 - Kultur&Medien / Ausstellung | ||
Graz: Außerirdisch? Unterirdisch! | ||
Die erste Ausstellung in der blauen Blase des neuen Grazer Kunsthauses widmet sich der Wahrnehmung - und scheitert stolz an der Architektur. Eine Tragödie. | ||
E Der Kampf gegen den im Zeitdruck so unglücklich beendeten
Bau entpuppte sich als einer des Don Quijote. Es ist eine Illusion, hier
mit der ersten Ausstellung gewinnen zu können. Noch dazu wurden die
Neonspiralen in den rüsselartigen Nozzles in der oberen Halle falsch
angeliefert, ein rosastichiges Licht verhärtet das Grau der Metallhülle
hier zu Beton. Im unteren Raum sieht man, wie es mit der richtigen
Beleuchtung warm schimmern kann. Wie auch immer, Peter Pakesch stellte
sich tapfer lächelnd seiner undankbaren Aufgabe, betont die "große
Herausforderung", hier Kunst zu zeigen, bezeichnet die Räume als "mutig"
und einen "gewaltigen Schritt weg vom White Cube". Doch die meiste Kunst
verlangt eben nach einem möglichst zurückhaltenden Umfeld, nur
Mega-Installationen und sowieso in Kojen verpackte Videokunst brauchen
sich darum nicht besonders viel zu scheren. So musste die Eröffnungsausstellung gezwungener Massen
zur Tragödie werden, denn ohne widrige Umstände wäre "Einbildung - die
Wahrnehmung in der Kunst" klar gelungen. Pakesch, der relativ ideale,
klassische Räume aus seiner Zeit als Direktor der Basler Kunsthalle
gewohnt war, wollte mit diesem einführenden Thema im Grazer Kunsthaus
pädagogisch beginnen, am Schnittpunkt von Kunst und Betrachter. Eine
schöne Zusammenstellung führt durch die Traditionen, ausgehend von den
60er Jahren bis heute. Es ist Kunst, die Erlebnis bietet, das Publikum
fordert, es einbindet. Zu Beginn prangt Ellsworth Kellys verzogenes grünes
Tafelbild, glücklich hat man drei großformatige Bilder von Bridget Riley
ergattert, die prinzipiell nur mehr ungern verliehen wird. Hier schwingt
die Fläche, löst sich auf in Schwindel erregende Effekte. Als junge
Nachfolgerin der britischen Grande Dame ist die zur Zeit stark presente
Südtirolerin Esther Stocker vertreten, mit ihrer scheinbar digitalen
Raster-Op-Art. Chuck Closes in abstrakte Felder aufgelöste und im Kopf
wieder zusammengesetzte Porträts dürfen natürlich nicht fehlen. Und der
gerade äußerst gefragte Olaf Eliasson, der zur Zeit spektakulär die
Londoner Tate Modern in einen Sonnenuntergang taucht, schmückt mit einer
360-Grad-Lichtinstallation die Ausstellung. Gefühlvoll hat Pakesch auf zwei Stockwerken Bekanntes und
Vergessenes gemischt, Internationales und Österreichisches. Helga Philipp
und Marc Adrian finden sich traulich eingebettet in Werke italienischer
Kinetiker. Auch ein wenig Nostalgie kommt auf: Für das Kunsthaus konnte
der bei der legendären Grazer "trigon"-Schau von 1967 präsentierte "Spazio
elastico" von Gianni Colombo rekonstruiert werden. Der dunkle Raum mit den
leuchtenden Fäden, die variable Raster bilden, zieht auch heute noch den
Boden unter den Füßen weg. Wer sich stur auf die Kunstwerke konzentriert, den Blick
nicht hebt und schweifen lässt, wird hier also sicher glücklich werden.
Doch, wer schafft das schon? Die ohnehin nur sehr sparsam eingebauten
Stellwände arbeiten eben nun einmal gegen den geschwungenen Blasen-Raum.
In der unteren Halle, die eine gerade Decke hat,
funktioniert diese Bespielung ganz ordentlich. Die dominanten skulpturalen
Nozzles in der oberen allerdings, sind aus dem Blickfeld nicht zu
verdrängen. Am meisten leiden dadurch die Papierarbeiten und kleineren
Formate. Am Gegenteil ist zu erkennen, wie dieser schwierige Raum zu
bezwingen ist: Allein durch "Klotzen". Rémy Zauggs grelle, mit Komplementärfarben irritierenden
Schrift-Quadrate dürfen ungestört ihre Botschaft schreien: "Schau, ich bin
blind, schau". Und gelassen ruht der 3,6 Meter hohe, aus geometrisch
verschnittenen Formen zusammengesetzte Kunststoff-Brocken "2001" der
Kalifornierin Liz Larner am Boden. Mit seiner fluoreszierenden Oberfläche
schillert das Monsterobjekt wie ein verschluckter Komet im "Alien" - oder
wie ein boshafter Gallenstein in der Blase. Ein zwiespältiger Auftakt also
für das Grazer Kunsthaus, dessen ist sich auch Peter Pakesch voll bewusst:
"Es ist ein erstes Austasten", sagt er, viel werde er noch adaptieren und
ändern müssen. Sehr Tapfer eben. Das gibt Hoffnung. Bis 18. 1. 2004. Mo-So 10-18 Uhr, Do. 10-20 Uhr.
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