Wiener Zeitung · Archiv


Kunstberichte

Die Erfolgsgeschichte der Abstraktion im BA/CA Kunstforum: "Monet – Kandinsky – Rothko und die Folgen"

Die Renaissance der abstrakten Malerei

Sean Scullys „Song of Red“, 1999.  Foto: Hilti art foundation

Sean Scullys „Song of Red“, 1999. Foto: Hilti art foundation

Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer

Kann die Erfolgsgeschichte der Abstraktion im 20. Jahrhundert im Jahr 2008 neu geschrieben werden? Da es das "Leibthema" des Kurators Florian Steiniger im Kunstforum ist und auch Direktorin Ingried Brugger eine Renaissance der abstrakten Malerei unter den Jungen sieht, kann eigentlich mit einem vielschichtigen Versuch nichts schiefgehen. Die Ausstellung mit dem langen Titel "Monet – Kandinsky –Rothko und die Folgen: Wege der abstrakten Malerei" beginnt mit den russischen Klassikern, Piet Mondrian sowie dem Wiener Kinetismus und führt damit die Integration einer österreichischen Randpositionen als ein Ziel ins Treffen.

Die erstaunlichen Gegenüberstellungen setzen sich fort mit landschaftlichen Abstraktionen des späten Claude Monet mit dem Tiroler Max Weiler. Zu der abstrakten Ikone Nr. 22 von Marc Rothko – dem teuersten Gemälde der mit 180 Millionen hoch versicherten Schau – hängte man die österreichischen Künstler Erwin Bohatsch, Maria Lassnig und Walter Vopava.

Herausgehoben wird auch die besondere Rolle des amerikanischen abstrakten Expressionismus und der theoretischen Kampfparolen etwa eines Clement Greenberg, Michel Fried oder Ad Reinhardt. Ab 1940 gehörte es auch zum moralischen Programm mancher Westkünstler, mit abstrakten Bildern gegen den Osten und dessen sozialistischem Realismus anzutreten. Reinhardt gelangte etwa mit seinen schwarzen Bildern an den Endpunkt der Malerei.

Doch wo Tod ist, folgt im Religiösen auch eine Auferstehung und dies ist das eigentlich neue Thema in Sachen Abstraktion.

Wenn Hubert Scheibl 2003 zur "Odyssee im Weltraum" aufbricht, kann auch der deutsche Star Gerhard Richter nicht weit weg sein: Mit seinem Vorstoß von Grau in changierende Farbströme endet die Schau. Richter sprang als erster vom Gegenstand ins Abstrakte und wieder zurück.

Die Postmoderne liebt daher alle Nebenwege der ursprünglich geistigen Töne, selbst in die Ironie: Ross Bleckners verstecktes Vögelchen im Streifenbild 1988 mag einen Gedankenbogen zurück zu Michail Larionows futuristisch aufgelöstem "Hahn" aus dem Jahr 1912 legen.

Die Ernsthaftigkeit der ursprünglich ideologischen Kunstform der Moderne ist einer entspannten Frage nach dem persönlichem Geschmack gewichen. Lachen und Sehen von Landschaft bei Cy Twombly oder Per Kirkeby ist wieder erlaubt, Geste und körperlicher Einsatz bei Markus Prachensky oder Rebecca Horn und Otto Zitko kann neben dem Malerischen, der neuen Geometrie und dem Materialbild stehen.

Mit Lee Krasner und Agnes Martin treten auch wesentliche Künstlerinnen in den Reigen von Monochromie, Kombinatorik und Pinselschrift ein. Alles wichtige Selbstbefragungen der Kunst, Wege zur Philosophie und zuweilen lange dem Männlichen zugeordneten Intellektualitäten, aber im Katalog macht Elisabeth von Samsonow einen Erinnerungs-Loop zurück und stellt "Primitivismus" dem Sakralen an die Seite. Da sind wir fast bei der Höhlenmalerei und bei der Frage, womit die Kunst begonnen hat. Vielleicht aber auch bei der nach Henne und Ei? Dabei fehlen nur die ganz jungen Künstler – doch zwei zeichnerische Kommentare von Regina Hofer und Tobias Pils folgen im Tresor.

Monet-Kandinsky-Rothko

und die Folgen

BA/CA Kunstforum:

bis 29. 6.

Kuratoren: I. Brugger

F. Steininger

Mittwoch, 27. Februar 2008

Kommentar senden:
Name:  
Mail:  
Überschrift:
Postadresse:*
Text (max. 1500 Zeichen):


* Kommentare werden nicht automatisch veröffentlicht. Die Redaktion behält sich vor Kommentare abzulehnen. Wenn Sie eine Veröffentlichung Ihrer Stellungnahme als Leserbrief in der Druckausgabe wünschen, dann bitten wir Sie auch um die Angabe einer nachprüfbaren Postanschrift im Feld Postadresse. Diese Adresse wird online nicht veröffentlicht.

Wiener Zeitung · 1040 Wien, Wiedner Gürtel 10 · Tel. 01/206 99 0 · Mail: online@wienerzeitung.at