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16.07.2003 - Kultur News
Heimweh und Herzflattern
Dornbirn verwandelt ein Industriedenkmal in ein Naturmuseum, und Wolfgang Flatz wird sentimental.
VON BIRGIT KÖHLMEIER


Was haben ein historisches, längst stillgelegtes Eisenwerk, ein mo dernes Naturmuseum und eine Installation des Künstlers Wolfgang Flatz gemeinsam? Nichts. Und doch passen die drei Dinge zusammen, bilden eine unerwartet harmonische Einheit.

Fast 20 Jahre lang lag im Zentrum von Dornbirn ein rund 25.000 Quadratmeter großes Areal brach. Eine Eisengießerei und eine riesige Montagehalle erinnerten daran, dass sich hier 160 Jahre lang die Rüsch-Werke, Vorarlbergs größtes Eisenwerk, befunden hatte. Nachdem der Betrieb 1984 geschlossen worden war, entbrannte eine Diskussion über die Zukunft der historischen Industriebauten. Erst als Margit Schmid 1994 die Leitung der Naturschau in Dornbirn übernahm und die Stadtväter vor die Entscheidung stellte, das verstaubte Naturmuseum zu modernisieren oder zu schließen, änderte sich die Situation.

Nach langwierigen Verhandlungen einigte sich 1999 Stadt, Land und Besitzer, aus dem ehemaligen Eisenwerk ein neues Naturmuseum, die "Inatura", entstehen zu lassen. In Zusammenarbeit mit internationalen Experten wie Sir David Attenborough, Frederic Vester und Museums-Designern aus England wurde ein modernes Konzept unter Einbeziehung der historischen Substanz entwickelt. Die bisherige Sammlung der Naturschau wurde um lebende Tier- und Pflanzenarten sowie Videos über deren natürlichen Lebensraum ergänzt. In 50 interaktiven Spielen können die Besucher ihr Wissen testen und in zehn Kinos imaginäre Reisen durch Gebirge, Wald, Wasser oder ins Weltall unternehmen.

Nicht zum Museum gehört das imposanteste Gebäude des einstigen Eisenwerkes, die 420 Quadratmeter große und 12 Meter hohe Montagehalle. Sie soll künftig dem "Kunst Raum Dornbirn" als Ausstellungsort zur Verfügung stehen. "Dieser Raum mit den hohen Fenstern ist wie eine Kathedrale, ich habe noch nie eine derart schöne Maschinenhalle gesehen", zeigte sich auch der gebürtige Dornbirner Aktionskünstler Wolfgang Flatz von der Halle begeistert. Wenige Tage nach Eröffnung der "inatura" schuf der Provokateur seine speziell auf diese Halle abgestimmte Installation "Heimweh".

Die Fensterscheiben sind rot gefärbt. In der Mitte der Halle ist ein drei Meter hoher Berg aus Steinen und Geröll angehäuft, aus dessen Mitte ragt ein monumentales hölzernes Gipfelkreuz. Über Lautsprecher, die mit Scheinwerfern gekoppelt sind, ist das Pulsieren der Herztöne von Flatz zu hören, sehen und durch die Vibration körperlich zu spüren. "Eine Form der Sentimentalität gegenüber meiner Heimat", entdeckt Flatz mit diesem Raum. Dazu gehört für ihn das Christentum als ethisch moralisches Fundament: "Obwohl sich heute bestimmte Grundsätze verändert haben, ist das christlich humanistische Gedankengut in mir verankert und hat sich auch durch meine Eltern und meine Heimat manifestiert. Es begleitet mich das ganze Leben."

Ausstellung: Bis 27. Juli. http://www.inatura.at/.



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