Feuilleton

Es wird enorm viel spekuliert

19.05.2007 | SN

T haddaeus Ropac, geboren 1960, begann 1993 in Salzburg Kunst auszustellen. Heute hat der gebürtige Kärntner auch eine Galerie in Paris und zählt zur Elite der internationalen Kunstszene. Er hat eine harte Woche hinter sich. In New York betreute er Sammler bei den aktuellen Auktionen. Zuvor war er einige Tage in China und Korea unterwegs. China, Korea, New York, das klingt nach einem aufregenden Leben. Ropac: Nun ja, vor allem China ist derzeit höchst spannend. Da gibt es viel versprechende neue Künstler, teilweise geht es aber auch zu wie im Wilden Westen. Es herrscht im Riesenmarkt China also auch in der Kunstszene Goldgräberstimmung? Ropac: So kann man das sagen. Wir bereiten für Paris gerade eine Ausstellung mit einem schon lange arbeitenden Künstler vor. Spannend aber wird es zu beobachten, wie junge Künstler mit dem weltweit erwachenden Interesse an ihrer Kunst umgehen werden. Was bedeutet das? Dass manche dieser Künstler im aktuellen Kunst-Boom nur einen schnellen Hype erleben könnten und dann wieder untergehen? Ropac: Die Verlockungen sind groß und auch die Gefahren, weil nicht unbedingt nur darauf geachtet wird, ob ein Werk auch über Zeit Bestand haben könnte, sondern häufig nur Moden entsprechend gehandelt wird.

Es geht beim Boom in der Kunstszene also vor allem ums schnelle Geld? Ropac: Es wird derzeit enorm viel spekuliert. In Kunst als Spekulationsobjekt mit der Hoffnung auf eine hohe Gewinnspanne zu investieren, ist kein neues Phänomen. Aber nie zuvor waren solche Summen im Umlauf. So verrückt war es noch nie. Diese Verrücktheit spiegelt sich auch bei den großen Events. Messen und große Auktionen gleichen Treffs von Neureich und Prominent. Es hat den Anschein, als feiere die Kunstszene eine einzige wilde Party. Ropac: Das trifft für die B-Gruppe zu. Die darf man allerdings nicht mit dem Primärmarkt, mit den wirklichen Sammlern, vergleichen, wie wir sie betreuen. Aber freilich interessieren prominente Gesichter und Rekordsummen, die bei Auktionen erzielt werden, die Medien stark. Der eigentliche Kunstmarkt aber, wo Künstler tatsächlich aufgebaut und geachtet werden für ihre Inhalte oder den gesellschaftlichen Beitrag ihrer Kunst, der ist bei diesen Events nur in geringem Prozentsatz vertreten. Und diese B-Gruppe ist es auch, die etwa massiv auf Rekorde anspricht, die also in Wechselwirkung mit der medialen Aufmerksamkeit agiert? Ropac: So ist es. Aber es ist halt immer schon schwer, wirklich und grundsätzlich zu vermitteln, was ein Künstler macht, warum er auf eine gewisse Weise Position bezieht. Sich auf eine solche Analyse einzulassen, dafür fehlt vielen die Zeit - auch den Medien. Es muss immer irgendwas Brandaktuelles her, das am besten auch noch spektakulär ist. Diese Welt ist grundsätzlich zu unterscheiden von der Welt, wo große Sammlungen entstehen und wie Museen agieren. Aber für Sie muss das doch positiv sein, wenn die Preise in die Höhe schnellen. Ropac: Unsere Idee ist eine ganz andere. Wir sind nahe am Künstler und daran interessiert, wie er sich entwickelt. Uns liegt daran, dass die Arbeit den richtigen Stellenwert bekommt. Im Grunde ist es ein kleiner Zirkel der Kunstszene, in dem wir uns bewegen. Das sind Sammler von hoher Seriosität, denen nicht an einem Bild mit Rekordpreis gelegen ist, sondern an der idealen Vervollständigung einer Sammlung. Diese Leute laufen auch nicht jedem neuen Trend hinterher, sondern planen langfristig und mit einem großen Interesse an der Bedeutung eines Künstlers, die nicht nur im Augenblick gilt. Wie bekommt ein Künstler denn diese Bedeutung?Ropac: Indem bedeutende Museen seine Arbeiten kaufen oder er bei großen Ausstellungen gezeigt wird. Das macht einen wesentlichen Teil der Karriere aus. Der Preis eines Bildes entsteht jedenfalls dort, wo sich in der Kunstszene Leidenschaft und Kennertum vereinen, wo ein tiefes Interesse und große Ahnung einhergehen, und wo es nicht um den Besitz einer Trophäe geht. Aber gerade Museen, die etwa in Österreich von immer geringeren öffentlichen Subventionen abhängig sind, haben ja immer seltener die Möglichkeit, Kunst, noch dazu solche, die noch als reine Zukunftshoffnung gilt, anzukaufen. Ropac: Eben deshalb sind wir durchaus interessiert, dass die Preise im Rahmen bleiben. Oder Sie schenken den Museen Werke, wie Sie es mit dem Museum am Mönchsberg und der Albertina tun. Das steigert die Bedeutung der Künstler, aber auch den Marktwert. Ropac: Ja, das ist ein Weg. Das läuft aber auch umgekehrt, dass Museen anfragen, sich die Werke aber nicht leisten können, und man dann Möglichkeiten sucht, wie das doch funktionieren kann. Was zeichnet denn einen seriösen Sammler aus im Gegensatz zu einem, der aus Jagdlust mit vielen Millionen auf den wild rasenden Zug Kunstmarkt aufspringen will? Ropac: Der Unterschied liegt in der Leidenschaft, die sich sowohl in zeitlicher als auch intellektueller Hinsicht zeigt. Es geht da nicht um Schnellschüsse, wie das bei Auktionen oft der Fall ist. Wir betreuen etwa einen Sammler in Laibach, den sehen wir jeden Monat. Der fliegt auch mal in die Provinz, wenn es dort eine interessante Ausstellung gibt. Kürzlich kam er zu einer Baselitz-Ausstellung nach St. Etienne, um die neuesten Werke sehen zu können.

Wie entstand denn bei Ihnen die Leidenschaft zur Kunst? Ropac: Als ich 15 Jahre alt war, wurden Schulklassen nach Wien eingeladen. Im Zwanzigerhaus wurde eine Sammlung gezeigt, die der Staat angekauft hatte. Da waren Warhols Suppendosen und Beuys' "Nasse Wäsche" dabei. Mich, der in Kärnten bis dahin nie mit irgendeiner zeitgenössischen Kunst in Berührung gekommen war, hat das völlig umgehauen. Das heißt, Ihr Einstieg war rein emotional. Ropac: Ja. So wollte ich auch Künstler werden. Ich war bei Beuys, der mein Hero war. In meiner ersten Galerie in der Salzburger Kaigasse hatte ich auch eine Ausstellung von ihm. Das hat keiner wahrgenommen. Da waren, glaub ich, zehn Leute da. Aber ich hab' halt auch niemanden gekannt. Wie änderte sich das? Ropac: Ich habe von der Idee gelebt, dass das was sein könnte. Ich bin dann nach Amerika, lernte Andy Warhol kennen, der mir Jean-Michel Basquiat vorstellte. Ich bekam Kontakt zu Künstlern meiner Generation, die alle um 1960 geboren sind. In Europa hat man Künstler wie Robert Mappelthorpe und Keith Haring kaum gekannt. In den USA hatten die damals gerade erste Ausstellungen. Außer Leidenschaft habe ich aber nichts mitbringen können. Keine Kontakte. Kein Geld, auch nicht für den Transport von Bildern. Ich habe alles selbst mitgenommen. Zeichnungen hab' ich in einer Mappe transportiert und immer geschwitzt und Angst gehabt, dass ich etwas zerdrücke. Dann hab ich hier nichts verkauft und alles wieder zurückgeschickt. Und nun gehorchen Sie nicht mehr Ihren Emotionen, sondern möglichen Marktinteressen? Ropac: Keineswegs. Immer noch spielen die persönliche Zuneigung, die Emotion, die sowohl ein Werk als auch dessen Schöpfer erzeugen, eine wichtige Rolle, aber das tun eben auch die intellektuelle Kraft eines Werkes und die jahrelange Erfahrung.

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