Es ist unmöglich, bei der Kunstbiennale Venedig alles zu sehen. Aber es ist möglich, das Beste zu sehen. Wenn man weiß, in welche der 77 Pavillons innerhalb und außerhalb der Giardini man eilen muss, über welche versteckten oder feudalen Treppen man in die Palazzi oder feuchten Keller huschen, auf welche Namen man ein besonderes Auge haben soll. Wir fragten drei Experten um Auszüge aus ihrem Venedig-Pflichtprogramm.
Max Hollein
1.„Fare Mondi“-Ausstellung von Biennale-Leiter Daniel Birnbaum:
„Natürlich. Sowohl, weil er ein hochinteressanter Kurator ist, als auch
ein guter Frankfurter Freund. Insbesondere interessieren mich dabei die
neuen Arbeiten von Mike Bouchet, Tomás Saraceno und Paul Chan.“
2.Skandinavischer
Pavillon: „Immer wieder wird hier die Aufgabe des Kurators an Künstler
vergeben, in diesem Jahr an besonders vielversprechende: Michael
Elmgreen und Ingar Dragset. Das Konzept zum Thema Sammeln und ihre
Künstlerauswahl sowie Elmgreen/Dragsets immer subversiv-überraschende
Haltung lässt Besonderes erwarten.“
3.Südkoreanischer Pavillon: „Haegue Yang hat mich schon mit ihrer Arbeit im Frankfurter Kunstverein überzeugt.“
4.Fran?ois
Pinault Collection Punta della Dogana: „Das neue Museum von Pinault, in
Räumlichkeiten adaptiert von Tadao Ando, wo noch vor ein paar Jahren
ein Nonnenkloster war. Ich bin neugierig auf die Räume und die
Präsentation der Sammlung, die ich bei der letzten Präsentation im
Palazzo Grassi als nicht überzeugend empfand. Vielleicht ändert sich
das nun.“
5.Stella Art Foundation, Ca'Rezzonico – Fondamento
Rezzonico: „Die wahrscheinlich am ernsten zu nehmende private Sammlung
und Institutionstätigkeit für russische zeitgenössische Kunst. Bei der
letzten Biennale Venedig war das eindeutig auch die beste Party, wobei
damals keine Kunst gezeigt wurde, sondern sich nur die VIPs trafen.
Diesmal wird man auch einen Einblick in die Sammlung und Aktivität
bekommen. Und wenn der Preview- Abend im Jahr der Krise zumindest halb
so opulent wird wie der vor zwei Jahren – ist es sicher auch ein
Zeichen, dass es in Moskau flott weitergeht.“
Claudia Schmied
1.Österreichischer Pavillon: „Elke Krystufek, Dorit Margreiter,
Franziska und Lois Weinberger, tolle Künstlerinnen – und ein toller
Künstler – sind heuer für Österreich vor Ort.“
2. „No Night No
Day“: „Cerith Wyn Evans und Florian Heckers (lebt in Wien) abstrakte
Oper, produziert vom Thyssen-Bornemizsa Art Contemporary werde ich
leider nicht sehen können. Ist aber sicher ein Erlebnis.“
3. Fran?ois Pinault Collection Punta della Dogana: „Ein neuer Fixpunkt für Kunstbegeisterte.“
4. Tschechischer Pavillon, Roman Ondák: Wurde von der Österreicherin Kathrin Rhomberg kuratiert.
5. und 6. USA und Mexiko: Bruce Nauman im Pavillon der USA und Teresa Margolles für Mexico.
Francesca Habsburg
1.Die nordischen Pavillons: „Ragnar Kjartansson malt während der 180
Tage der Biennale im isländischen Pavillon jeden Tag das gleiche
Porträt eines jungen Mannes in Badehose – immer und immer wieder.
Elmgreen und Dragset haben den dänischen und nordischen Pavillon
übernommen und in die Häuser zweier sehr verschiedener Privatsammler
umgewandelt – als Untersuchung, wie wir Sammler sehen und wie das
Sammeln Ausdruck von Individualität sein kann.“
2.„No Night No
Day“: „Was meine Sammlung und Thyssen-Bornemisza Art Contemporary
betrifft, so sind wir mit zwei wichtigen Positionen in der Ausstellung
„Fare Mondi//Making Worlds“ vertreten. In der Performance „No Night No
Day“ beschäftigten sich Cerith Wyn Evans und Florian Hecker mit dem
Begriff der Abstraktion und arbeiten an experimentellen
Computerprogrammen zu auditiven Halluzinationen. Bei der Galapremiere
am 4.Juni kommen die Arbeitsergebnisse beider Künstler, Filmmaterial
und Komposition, erstmals zusammen! Die Galapremiere ist bereits
ausverkauft, und wir erwarten glamouröse Gäste aus der Kunstwelt und
VIPs! Das wird ein außergewöhnlich elegantes Event!“
3.Jorge Otero-Pailos, „The Ethics of Dust: Doge's Palace,
Venice, 2009“: „Das zweite Projekt in der Ausstellung vereint meine
beiden großen Leidenschaften – Konservierung und zeitgenössische Kunst:
Mit einer Latexschicht zog Jorge Otero-Pailos an der Fassade des
Dogenpalasts eine Schicht Staub ab und installierte sie im Arsenale. Um
diese einzigartige Verbindung von Disziplinen zu feiern, organisieren
wir gemeinsam mit der Columbia University das Symposium „The Last
Temptation of the Contemporary. Art/Architecture Experimentation with
Heritage“ im Istituto Veneto am 6. Juni.
Außerdem sind wir sehr glücklich, dass sich heuer so viele Künstler in der Biennale finden, die wir auch in der Sammlung haben und immer gerne unterstützen: Carsten Höller, der mit der Idee der Spatialisation spielt und künstliche Wände installiert; Gonkar Gyatso, ein tibetanischer Künstler, der an unserer letzten Ausstellung in Wien beteiligt war; Philippe Parreno. Und halten Sie besonders Ausschau nach Georges Adéagbo und Monica Bonvicini.“