Salzburger Nachrichten am 16. Juli 2003 - Bereich: kultur
Nitsch geht als Herr Nitsch in Pension

Der Maler Hermann Nitsch beendet seine Lehrtätigkeit in Frankfurt - Die Sammlung Essl plant eine große Ausstellung

WIEN, FRANKFURT (SN, APA).

"Ich gehe nicht als Dozent in Pension, ich gehe als Nitsch in Pension", so kommentierte Hermann Nitsch von Frankfurt aus gegenüber der APA seinen Abschied als Lehrbeauftragter der Frankfurter Städelschule. "Ich hatte ja hier (in Deutschland, Anm.) nie einen Status. Fünf deutsche Kulturminister haben zu verhindern gewusst, dass ich einen Professorenstatus erlange." Er würde sich auch dagegen verwehren, als Dozent oder Lehrbeauftragter bezeichnet zu werden. "Wenn schon nicht Professor, dann der Herr Nitsch - das ist ja eh viel besser. Übrigens auch der Status, den Beuys hier hatte."

Dass er mittlerweile einen österreichischen Professortitel trägt, habe es den Deutschen "sehr leicht" gemacht. So nämlich sei die Affäre um seine Bestellung in Deutschland kaum mehr im öffentlichen Bewusstsein. "Mein Traum wäre ja gewesen, in Österreich zu unterrichten", bekennt Nitsch. Aber das sei anfangs aus politischen Gründen unmöglich gewesen. "Und dann haben es die Kollegen auf der Angewandten und der Bildenden (der Universität der bildenden Künste, Anm.) verhindert. Da war niemand sehr scharf darauf, dass ich dort hinkomme."

Obwohl das Klima seiner Arbeit gegenüber insgesamt "überall wesentlich besser" geworden sei und seine Arbeit viele Verehrer habe, gebe es trotzdem immer wieder Probleme, vor allem von politischer Seite. Die FPÖ, die immer besonders gegen ihn polemisiert hätte, sei zwar mit ihrem Antritt als Regierungspartei innerhalb der schwarzblauen Koalition relativ still geworden. "Da haben sie aufgehört, mich zu schänden, das konnten sie sich in der Koalition nicht mehr erlauben."

Dass ihm Staatsoperndirektor Ioan Holender aber das "Vertrauen entzogen" hat, wie "fast fix" angeboten, den "Parsifal" zu inszenieren, hänge möglicherweise auch mit dem Antritt von Schwarz-Blau in der Regierung zusammen, vermutet Nitsch. Immerhin sei er, da er auf eigenen Beinen stehe, nicht von den finanziellen Kürzungen unter der neuen Regierung im Kunstbereich betroffen - "was sehr schlimm geworden ist, vor allem für die Jüngeren und die Theaterleute und Literaten".

Einen Abschied vom Unterrichten überhaupt bedeute das Ende seiner Tätigkeit an der Städelschule nicht. "Ich habe mein ganzes Leben lang gelehrt, auch ohne staatlichen Auftrag, und ich werde auch wohl bis an mein Lebensende lehren, im Rahmen meiner Theaterarbeit. Der Umgang mit den jungen Menschen hat mir immer sehr viel Freude gemacht."

Die nächste Gelegenheit dazu bietet sich 2004 beim Zwei-Tage-Spiel - "für ein Sechs-Tage-Spiel reichen derzeit meine finanziellen Mittel nicht" - auf Nitschs Schloss Prinzendorf. Zuvor, kommenden Oktober, anlässlich Nitschs 65. Geburtstag am 29. August, wird in der Sammlung Essl eine große Nitsch-Retrospektive stattfinden.