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Museum der Frauen

Brigitte Zarzer   21.09.2003

Eine virtuelle Schausammlung eröffnet einen frauenspezifischen Zugang zu Museumsobjekten

Virtuelle Museen sind gemeinhin Datenbanken, die eins zu eins die Ausstellungsobjekte ins World Wide Web bringen. Dass mit Neuen Medien aber auch ganz andere Sichtweisen möglich sind, beweist das Projekt [External Link] muSIEum - displaying:gender. Dabei werden Objekte aus vier Wiener Museen unter geschlechterspezifischen Blickwinkel präsentiert.


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 Das Museum schreibt Geschichte. Es bildet historische Konstellationen im Raum der Gegenwart ab. In diesen Raum ist auch das Verhältnis der Geschlechter, die unterschiedlichen Rollen, die Frauen und Männern in der Gesellschaft haben und in den vielfältigen Repräsentationsformen dieser Rollen, eingeschrieben. Viele der Objekte, die in Museen ausgestellt sind, seien es nun Kunstmuseen, Museen der Alltagsgeschichte historische Museen, (...), technische Museen, würden einen geschlechtsspezifischen Blick auf ihren Sammlungsbestand nahe legen. So wäre eine völlig neue Lektüre des Ausgestellten möglich.
Nike Glaser Wieninger und Elke Krasny über ihren Projektansatz.

Das Medium Internet ist geradezu prädestiniert, neue Perspektiven auf Sammlungen zu eröffnen. Mit Unterstützung des [External Link] Frauenbüros der Stadt Wien durchstreiften die beiden Wiener Ausstellungsgestalterinnen das [External Link] Historische Museum, das [External Link] Jüdische Museum und das [External Link] Technische Museum Wien sowie das [External Link] Österreichische Museum für Völkerkunde und wählten Objekte zu 13 Themenschwerpunkten aus. Ein Klick von der Eingangsseite aus und man trifft auf eine Pupille, kreisförmig um sie herum arrangiert der [External Link] Index: Arbeit, Ausbildung/Lernen, Autonomie, Geld, Kommunikation, Krieg, Mode, Öffentlicher Raum, Privatheit, Repräsentation, Shopping, Familie und Stars.

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Der Übergang der Alliierten über die Donau am 6. Juli 1809 vor der Schlacht bei Wagram. Johann Lorenz Rugendas. Kolorierter Aquatintastich

Unter dem Kapitel "Krieg" - traditionell als "Männersache" dargestellt - finden sich bei displaying:gender andere Facetten. Der Menüpunkt "Marketenderin" setzt wiederum Krieg und Frauenarbeit in Beziehung. Ausgehend von einem Aquatintastichs, der im Historischen Museum zu finden ist und den Übergang der Alliierten über die Donau am 6. Juli 1809 vor der Schlacht bei Wagram zeigt, wird im Begleittext dieser "Kriegsberuf", der in Brechts "Mutter Courage" wohl seine berühmteste literarische Manifestation erfuhr, reflektiert. "Eine Marketenderin, eine Händlerin, die die Truppen begleitet, die ihren Beruf in den Wirren und Unbillen des Krieges ausübt, immer in der Nähe des Schlachtengetümmels und der Geschützfeuer, mitten in der Gefahr, mitten in der Männerwelt des Kriegs", beginnt MuSIEum die Beschreibung des Objekts. "Barrikadenfrauen" begegnet der Besucher beim Kapitel "Krieg" ebenso wie der "Kriegsfurie" oder der Frau, der Daheimgebliebenen, der ein Soldat die "traurige Botschaft" vom gefallenen Mann überbringt.

Ins MuSIEum fanden auch Dinge Eingang, die im eigentlichen Sinne keine Museumsobjekte sind, sondern vielmehr als Inszenierungsmittel in den Schausammlungen dienen. Beispiel: "'die Patientin' vor dem Computertomographen in der Mittelhalle des Technischen Museums, eigentlich eine Schaufensterpuppe. Sie kann nichts von der Angst und der Beklemmung in der realen Situation vor und während einer Computertomographie vermitteln", wie Krasny und Glaser Wieninger festhalten.

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Tretrad in den Salinen. Keltenmuseum Hallein. Reproduktion im Technischen Museum Wien

Mit insgesamt 39 Objekten, die mit viel Liebe zum Detail und feministischem Scharfsinn ausgewählt und allgemein verständlich beschrieben wurden, ist zunächst einmal ein gutes Fundament für eine frauenspezifische Annäherung an Museen gelegt. Bleibt zu hoffen, dass das Projekt fortgesetzt oder ausgedehnt wird und keine feministische Einmalaktion bleibt. Denn in der "musealen Praxis" scheint die genderspezifische Auseinandersetzung noch immer ein Randdasein zu führen, was in einem bemerkenswerten Artikel von den Museologinnen Roswitha Muttenthaler und Regina Wonisch analysiert wird.

"Müssen Frauen nackt sein, um ins Museum zu kommen?", zitieren sie einleitend die "Guerilla Girls", die in den USA mit provokanten Fragen auf den Umstand aufmerksam machen, dass ein überwiegender Anteil der in Kunstmuseen gezeigten Nackten zwar weiblich ist, während weibliche Künstlerinnen in Museen nur zu einem verschwindenden Prozentsatz vertreten sind. Oder in Zahlen ausgedrückt:


 Weniger als 5 % der KünstlerInnen in den Abteilungen für Moderne Kunst sind Frauen, aber 85% der Nackten sind weiblich.
[External Link] Guerilla Girls

Daran anknüpfend halten Muttenthaler und Wonisch fest:


 In die gleiche Richtung geht die wissenschaftliche Kritik, die besagt (...), die Museen seien voll mit männlichen Projektionen das weibliche Geschlecht betreffend.


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