Quer durch Galerien
Sambaschule der Orthopäden
Von Claudia Aigner
"Du, die Kotz' vom F. schaut aus wie a Kunstwerk vom Sengl."
- "Des oame Viech." Dieses Gespräch hat tatsächlich stattgefunden (aber
ich verrate nicht, wer von den beiden ich gewesen bin). Das Katzerl von
besagtem F. zu bedauern, weil die kunstsinnige Umwelt einen echten Sengl
darin erkennen muss (sonst wäre sie schließlich nicht kunstsinnig), ist ja
keine Kunstkritik. Es spricht daraus vielmehr die Sorge um die Anatomie
dieses herzigen Geschöpfes aus der Whiskas-Zielgruppe, das hernach, nach
Whiskas, verspielt die Katzenstreu durcheinanderwirbelt. Denn Peter Sengl
ist ein berüchtigter Meister der kreativen Prothesen, um nicht zu sagen:
ein Heimwerker mit Hang zur Chirurgie. Oder ein Folterknecht, der die
Delinquentinnen nicht einfallslos mit Daumenschrauben "manikürt".
Nicht nur, dass er nach dem Sündenfall wahrscheinlich mit einem
Bohrer, zwei Achterdübeln, zwei Schrauben und einem Schraubenzieher auf
Adam und Eva losgegangen wäre, damit die Feigenblätter garantiert nicht
davonflattern, geht er auch noch leidenschaftlich gern in die Oper. Was er
mit den Diven angestellt hat, das schockiert noch bis 18. Oktober beim
Gerersdorfer auf wohlige Weise (Währinger Straße 12). Als der Sengl mit
Madame Butterfly fertig war, war sie höchstens noch der konzertanten
Aufführung fähig. Hatte nämlich eine Bewegungsfreiheit wie in der Eisernen
Jungfrau. (Gut, in einem Kimono kann man ja auch nicht Aerobic machen,
nicht einmal Nordic Walking.) Und der Maria C. hat er den Kopfschmuck auf
die Stirn geschraubt, die rechte Schulter tranchiert, die linke amputiert,
der Rest ist Prothese. Kein Wunder, dass sie den "Troubadourblick" im
Gesicht hat, einen selbstaufopfernd dahinsiechenden Blick. Sengl, der
die Körperteile einfallsreichst "neu definiert" (wohlgemerkt: auf dem
Papier oder der Malerleinwand), versteht sich wirklich auf die ästhetische
Körperverletzung voll opulenter Schönheit und graziöser Grauslichkeit. Und
auf Prothesen der konsequentesten Art. Seine "Opfer" könnten folglich im
Karneval von Rio durchaus bestehen (auf dem Umzugswagen der Sambaschule
der Orthopäden). Und die Katze vom F., der übrigens ein Wiener Galerist
ist? Hatte halt vom Tierarzt einen etwas ausladenden Stützapparat an der
Pfote verschrieben bekommen. Fast ein Sengl-Plagiat. Mitunter fühle
ich mich angesichts der Kunst überfordert wie Rotkäppchen im Bauch des
Wolfs. Unlängst war mir da ein gewisser Ludwig S. (kein Wiener Galerist)
behilflich, quasi im Wolfsmagen meine Gedanken zu ordnen, und sprach: "I
man: Kunst wird eh olles sein, oba irgendwie gibt' s do monchmol hoit scho
ka Grenze mehr zur Banalität." Marcus Geiger (das ist der, der 1998 die
Secession rot angemalt hat) hat nun also sämtliche Neonröhren in der
Galerie Engholm auf den Boden gelegt oder lässt sie mobile- artig von
der Decke baumeln (Schleifmühlgasse 3, bis 25. Oktober), ein Stück Leinen
hat er mit Heftpflaster an die Wand gepickt, ein Teppich trägt die
Aufschrift "Scheiße". Ich gebe zu, dass ich nichts von alledem verstehe.
Nein, Lesen (so wie es die Alphabeten tun) kann man die Tafeln vom
Assad nicht wirklich, auch wenn er selbst meint: "Im Grunde genommen
müsste man meine Bilder auch so entziffern - wie die Hieroglyphen." Aber
man kann schön hineinmeditieren. Auf den ersten Blick sind die Bilder
Understatements, soll heißen: unaufdringlich aufwändig. Mit ihren
Pinselspuren und dezenten Botschaften, die subtil sind fast bis zum
Versickern, sind sie freilich höchst mitteilsam. Bis 16. Oktober bei Sur
(Seilerstätte 7).
Erschienen am: 10.10.2003 |
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