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08.01.2002 - Kultur News
Bundeskunst wechselt den Stauraum
Mit Schlampereien der achtziger und neunziger Jahre macht das Bundeskanzleramt Schluß: Das Verwahren und Verleihen von angekaufter Kunst übernimmt ein Verein.


Eine neu gegründete "Gesellschaft zur Förderung der Digitalisierung des Kulturguts" übernimmt die staatseigene Artothek - das ist jener Bestand an Kunstwerken, die der Bund seit 1945 aus Mitteln der Kunstförderung angekauft hat, zumeist um Nachwuchskünstlern oder am Markt vorbeiproduzierenden Kunstschaffenden Einnahmen und Ermunterungen zu spenden. Einige wenige der Künstler brachten es inzwischen zu Ansehen und hohen Preisen - und manche Werke wanderten aus Qualitätsgründen als Leihgaben in Bundesmuseen. Viele Werke schmücken Amtsräume.

Die Digitalisierungs-Gesellschaft bekam den Auftrag im Wege einer Ausschreibung - als Bestbieterin. Auch die vom ehemaligen Sekretär von Unterrichtsministerin Hilde Hawlicek, Josef Kirchberger, gemanagte Theater-Service-GmbH hat sich um den Auftrag beworben. Schon in der Ministerzeit von Hawlicek hat der Rechnungshof die Artothek gerügt. Zuletzt stieß die Mehrgleisigkeit in der Kaufpraxis des Bundes (Kunstförderung, Bundesmuseen) auf Rechnungshofkritik.

Liechtenstein-Prunksaal

Nun wird das luxuriöse Magazin - ein großer freskogeschmückter Saal im barocken Stadtpalais Liechtenstein am Minoritenplatz - aufgeben und ein anderer Stauraum gesucht. Auf 100.000 Euro pro Jahr schätzt man im Bundeskanzleramt das Einsparungspotential - weil die horrende Miete für den Prunksaal wegfällt.

Rund 6800 Werke haben sich angesammelt, darunter viele graphische Blätter. Verwaltet wird der Bestand von Ministerialerat Werner Hartmann. Wiederholt hat der Rechnungshof Hartmanns Amtsführung kritisiert. Im Zuge der auf Drängen von Staatssekretär Morak durchgeführten jüngsten Digitalisierung wurden grobe Lücken festgestellt; wobei aber die Chance groß ist, daß zuletzt kaum etwas fehlt, sondern nur wegen der schlampigen Registrierung in Zettelkästen bisher kolportierte "Hunderte von Bildern" fürs erste unauffindbar waren.

Schon zweimal, so heißt es im Büro von Morak, seien vor Jahren EDV-Ausrüstungen für die Artothek angeschafft worden; beide Male haben sie sich als unbrauchbar erwiesen. Im neuesten Anlauf griff man auf Software zurück, die in Museen längst erprobt ist. hai



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